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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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166 Drittes Kapitel.

einzusehen, daß es mit einer solchen Maßregel sein-m eigenen Finanz-syslem den Todesstoß geben würde? Und denken Sie sich Exzellenzwas diese Menschen, diese Demokraten wollt' ich sagen, geantwortethaben? O, es giebt Verworfene, die vor keinem Gedanken zurückschrecken.Und diese Unmenschen gehen dann hin nnd sagen zu ihren rheinhessischenMitbürgern: ihr müßt dafür Sorge tragen, daß nicht alles Geld nachDarmstadt und alles Papier nach Rheinhessen fließt, und daß wir nichtvollends ruiniert werden, nnd ihr müsset deshalb alle enre direkten undindirekten Abgaben in Papier auszahlen. Und ich gebe Ihnen meinWort darauf, daß diese verderbliche Lehre in Rheinhessen täglich mehrum sich greift, und daß ein gewisser Mensch (wir kennen ihn persönlich)erst gestern im demokratischen Verein von der Tribüne herab auf-gefordert hat: jeder solle, bevor er Steuern zahlt, sein Silber inPapier umwechseln, und daß eine zahlreiche Versammlung das mitAkklamation aufgenommen hat. Das ist die traurige Folge davon,daß Sie uns noch nicht ans unsere Frage mit einer derben Lektiongeantwortet haben, womit Sie doch sonst so pflichteifrig. Wir ersterbennnterthänigst."

Während wir uns noch im kleinen Krieg gegen die kleineLandesregierung gütlich thaten, schritt der große Auflösungs-prozeß am Sitze der Nationalversammlung und im großen Reichvon Tag zu Tag unaufhaltsam weiter. Die Verhandlungenzwischen Frankfurt und Wien über einen moclus vivsuäi hattennur zur Beschleunigung der Trennung geführt. Der Gesamt-staat Österreich dachte nicht daran, ganz oder teilweise sich engmit Deutschland zu einem Reich zu verbinden. So wurde der-jenige Teil der gemäßigt liberalen Partei, der spätere Gothaische,die gegen ein preußisches Kaisertum unter Lostrennung Österreichs gestimmt hatte, gezwungen, sich für dasselbe zu erklären. KarlWelcker , welcher diesen Gegensatz am schärfsten in sich verkörperte,stellte im Namen des Verfassungsausschusses den dahinzielendenAntrag. Am 17. März hielt Welcker seine Rede, in welcher er,da Österreich abgelehnt habe und die Republik unmöglich sei,für das preußische Kaisertum eintrat, um das Vaterland zuretten. Die Rede, welche mit den heftigsten Gestikulationen nndglühendem Antlitz unter gewaltsamer Anstrengung der Stimmenach Welckers eigentümlicher, sanguinisch-cholerischer Art vor-getragen wnrde, machte auf die Gegner einen um fo abstoßenderenEindruck.