Briefwechsel mit der Braut,
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gefeierten Pariser Umgebung beherrschenden Persönlichkeit entfaltensollte. Aber, wie viele der besten, so blieb auch dieser Romanungeschrieben.
In den langen Jahren, seit das Band fürs Leben sich inHeidelberg geknüpft hatte, — sie damals siebeuzehn, ich zwanzig Jahrealt, — bis zu der eudlich auf holländischem Boden geschlossenen Ehe,sollte ich die Freuden und uicht minder die Leiden eines solchenRomans, in allen ihren Höhen uud Tiefen, durchkosteu.
Zum erstenmal, seitdem sie geschrieben wurden, habe ich jetztdie vergilbten Briefe aus jener Anfangszeit, 1845 bis 1852, wiederentfaltet, eine unendliche Zahl.
Ich wollte mir die Empfindungen jener Tage in ihremWechsel vergegenwärtigen, und wenn auch die Erinnerung wederabgeblaßt noch von der Wahrheit abgekommen war, mußte ich docherstaunen über die breite dunkle Schicht schwermütiger Stimmung,die über jenen Jugendtagen lagerte, und die im Lause der Zeitimmermehr dem Gleichgewicht der Seele Platz machen sollte.Sei es die Wirkung mehr nud mehr geebneter Lebenswege, fei esdie Wirkung von Alter und Erfahrung, mit andren Worten innererReife, in dem Maß als die Jahre fortschritten, gewann die Heiter-keit des Temperaments die Überhand. Zwar fehlen anch in denjnngen Jahren die Anwandlungen des Humors nicht; aber imWechsel der Tage und Stuuden überwog die Trübsal. Daran trugganz allein die Schuld das Bewußtsein der Verantwortlichkeit fürdie Existenz eines geliebten Weseus, die sich an die meinige ge-bunden hatte, während jeder Ausblick in eine erlösende Zukuuftehlte.
Ob ich uun den von Anfang betretenen Weg der Advokaten-laufbahn verfolgte, ob ich, nach meinem inneren Drang, michdem akademischen Beruf widmete: immer legte sich uoch einJahrzehnt zwischen die geradezu unerträgliche Gegenwart unddie Möglichkeit einer eignen unabhängigen Stellung. Aber soschwer ich au diesem Konflikt trug, ich ließ mich nie ganz vonihm niederdrücken.
In einer eigentümlichen Weise, die mir aus meiner Vorliebefür philosophische Studien erwuchs, arbeitete ich unablässig anmir, auf dem Weg der Selbstaualyse zur Beruhigung uud zum