Druckschrift 
Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
Seite
193
Einzelbild herunterladen
 
  

Briefwechsel mit der Braut.

193

meiner Rückkehr von Berlin von neuem aus eine unbeschreiblicheWeise, die mir fast das Herz zerspringen macht. So sehnsüchtigund begehrungsvoll erregt es mich, daß ich vorgestern einekindische Freude daran fand, nach Wörrstadt zum Bezirkskougreßein groß Stück zu Dir hinzugehen*). Unter diesen Umständenkannst Du Dir denken, welche Freude mir Dein gestriger Briefmachte. Ist wirklich eine Spur von Ernst in der darin an-gedeuteten Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen? Sage mirdoch ernstlich, wie es darum steht? Nur einen Ruhepunkt fürmein Verlangen, und sei es auch aus viele Wochen hinaus, nureinen Ruhepunkt, an dessen Herannahen ich mich weiden kann.Lebe, lebe wohl, mein einziges Leben! D. L."

Zwei Tage später, als die Reise nach Mainz lebendigeGestalt anzunehmen versprach, meldete ich zugleich, daß die Be-fürchtung, ich möchte mich als Nachfolger des verstorbenen Bruncksür die Wahl nach Frankfurt präsentieren und darum meist ab-weseud sein, uicht begründet sei. Dennals Ersatzkandidaten fürBrunck ins Parlament habe ich selbst Schütz vorgeschlagen. Dasgiebt dem armen, tief in der Tinte sitzenden Tensel die Möglich-keit, nach Deutschland unangetastet zurückzukommen, und für diesParlament ist er lang gut genug. Ich selbst hätte mich lange,lange besonnen, ob ich als Kandidat für jenes Parlamentsspitalauftreten solle, selbst wenn jene Gründe nicht vorzugsweise fürSchütz gesprochen hätten."

Am 13. November ein kleines Blatt.Heute mußt Du miteinem Lebenszeichen zufrieden sein. Ich bin überladen mitGeschäften. Dazu die Stimmung. Seit vorgestern schwebte ichin unaussprechlicher Angst wegen Fröbel (in Wien ). Er istglücklich entkommen und damit mir ein Stein vom Herzen. Wannkommst Du? Nie hab ich der süßen Sammlung in Deiner Nähemehr bedurft, als jetzt. Unsere Zustände sind furchtbar erregt."

Ende November kam die Ersehnte nach Mainz . Es folgtenTage unbeschreiblicher Glückseligkeit. Dies dauerte etwa dreiMonate, in denen Politik und Liebe eines, wenn auch nicht un-getrübten Glücks genossen.

*) Wörrstadt liegt halbwegs zwischen Mainz und Alzey .

Bambergers Erinnerungen, 1Z