Kaufmännische Lehrjahre.
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andre neues bringt, sondern wiedervernehmen, was er schon weißund gedacht hat, und der bestätigt zu sehen verlangt. Das Echo ausder eigenen Brust liefert die sogenannten „zündenden Worte",wenn es in verschönerter und klangreicher Weise ertönt.
Oppenheim, als der ältere, hatte von unsrer ersten Begegnungin Heidelberg an einen starken Einfluß auf mich ausgeübt. Alsich ihn kennen lernte, war ich ein Student im vierten Semester,der noch nichts als Mainz und Gießen gesehen hatte. Er warDozent und schon ziemlich viel in der Welt umhergekommen.Sein Wissen, sein reicher Geist und seine scharfe Dialektik im-ponierten mir, und seine Freundschaft war sehr fruchtbar für mich.Eine Zeitlang verkehrten wir so ununterbrochen, daß sein starkausgeprägter Dialekt und ein ihm eigentümlicher singender Tonetwas ans mich abgefärbt hatten, was nicht gerade als Gewinn zubetrachten war. Er war es, der zuerst meinen Studien die Rich-tung auf die Nationalökonomie gab, und ihm verdankte ichauch, daß ich das Übermaß süddeutschen Vorurteils gegen Preußen ablegte und dadurch freien Blick für Deutschlands Entwicklunggewann.
Er war nämlich trotz seiner Frankfurter Geburt und Intonation(nicht Mundart, denn er artikulierte sehr korrekt) ein begeisterterBerliner . Er hatte als Student viel im Hause Bettinas vonArnim verkehrt und sich an den Freuden dieser Geselligkeit voll-gesogen. Selbst Paris konnte bei ihm Berlin nicht ausstechen.Er war schon einmal längere Zeit da gewesen, als er mir nochvon Berlin aus im Jahr 184? schrieb: Berlin sei die schönstennd verführerischste Stadt der Welt. (Man denke im Jahr 1847!)
Bis zum Januar 1851 verteidigte Oppenheim seinen Ausent-halt in Brüssel gegen die Ausweisungsbefehle der belgischenPolizei. Endlich mußte er weichen.
Von da an, bis ich ein halbes Jahr später Antwerpen ver-ließ, war ich auf dem Gebiet meiner politischen und wissenschaft-lichen Interessen ganz auf mich allein angewiesen.
Die Belgier sind eine überaus nüchterne realistische Rasse,mehr als die Holländer. Manchmal fand ich noch unter denBrüsselern einen Mann, dessen Unterhaltung mich interessierte,