240 Sechstes Kapitel.

unter den Autwerpnern niemals. Das Geschäft, das guteLeben und die gewöhnlichen Zerstreuungen beherrschten den Kreis,in dem ich mich bewegte. Von Künstlern sah ich nichts.

Infolge einer gewissen Reaktion verfiel ich darauf, michwieder mit abstrakter Philosophie in meinen Mußestunden zubeschäftigen, insbesondere „die Kritik der reinen Vernunft" wiedervorzunehmen.

In der Politik gab es damals, namentlich im reicherenHandelsstand, noch viele Anhänger der vertriebenen holländischenDynastie. Antwerpen hatte durch die Trennung verloren, weilihm nun der direkte Verkehr mit Holländisch-Jndien abgeschnittenwar, und es sollte erst später seine holländischen Rivalen, Rotter-dam und Amsterdam , dank den Eisenbahnen und der Entfaltungdes amerikanischen Verkehrs überflügeln.

Das Bankgeschäft bewegte sich hauptsächlich auf dem Gebieteder Arbitrage iu Wechseln nnd Staatspapieren. IndustrielleEffekten gab es noch gar nicht. Spanische uud österreichischeSchuldbriefe standen im Vordergrund. Das reiche Land warnoch von alter Zeit her gewohnt, diese beiden Länder, unterderen Herrschaft es gestanden, und die durch den Katholizismusmit ihm verbunden waren, als die natürlichen Gebiete fürKapitalanlagen zn betrachten. Spanien namentlich, welchesdurch seine häufigen Bankerotte eine Masse leidender Papiere indie Welt gesetzt hatte, bot wegen des niedren Kursstandes der-selben ein unabsehbares Feld von Effekten dar, die sich zurSpekulation eigneten.

In Antwerpen kam ich auch zum erstenmal an eine Börse.Das kostete mich mehr Überwindung als die ersten Lehrlings-zeiten in London . Wechsel kopieren und Zinszahleu ausrechnen,ist zwar keine erhebende Beschäftigung, aber auf meinem Platzmich mit der Feder in der Hand zu beschäftigen, war mir docheine gewohnte Form der Thätigkeit. Auf der Schreibstube desObergerichts und des Anwalts hatte ich anfangs anch manchemechanischen Dienste am Pulte zu leisten gehabt, und alles wareine des Lernens halber übernommene Arbeit. Aber aus dieBörse gehen, war eine drastisch so verschiedene Thätigkeit, diesowohl ihrem Ruf nach als auch in ihren Attributionen allerhand