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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
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Sechstes Kapitel.

wenn ich sage, daß die Zweifel, die mich benagten, nicht un-begründet waren, so wird, nach dem, was ich vorausgeschickthabe, der Verdacht nicht aufkommen, als wollte ich mir damitetwas Vorteilhaftes nachsagen, als meinte ich, ich sei zu gut fürdie geschäftliche Laufbahn gewesen. Das fällt mir nicht imTraume ein. Es giebt eine Begabung für kaufmännische oderfinanzielle Arbeit, die sich mit den höchsten Anlagen messen kann. Ichhabe Unternehmer kennen gelernt, von denen ich mir sagte, siehätten ebensogut bedeutende Gelehrte, andere wieder, sie hättenbedeutende Staatsmänner werden können. Sie haben dieselbenEigenschaften, Kombinationskraft, Menschenkenntnis, Mut, Aus-dauer, Energie, Vorsicht, oder auch Gewaltsamkeit, Rücksichts-losigkeit, hochpotenzierten Egoismus, Ehrgeiz und Herrschsucht zuihrem Erfolg verbraucht, wie Männer, deren Andenken die Ge-schichte der Völker oder der Wissenschaft aufbewahrt. Auf deranderen Seite habe ich aber auch wieder viele kennen gelernt,die mit Geschick und Glück auf diesem Gebiete arbeiteten unddabei recht wenig Verstand hatten, recht untergeordnete Menschen-kinder waren.

Es läßt sich nicht leugnen, daß es etwas Spezifisches giebt,das man den Geschäftsgeist nennen kann, unabhängig vonsonstigen Befähigungen. Er seht sich aus verschiedenen Elementenzusammen, unter denen eine enge Konzentration auf ein einzigesbestimmtes Objekt eine große Rolle spielt. Wenn es überhauptgestattet ist, seelische Eigenschaften zu trennen, als wäre jedeetwas Selbständiges, so kommt man hier zu dem Schluß: dieStärke, die Energie des Willens vermag mehr als der Verstand,die Reflexion.

Bekanntlich hat die Beobachtung auch ergeben, daß unterden berühmten Schachkünstlern Leute waren, die sich sonst garnicht durch Intelligenz auszeichneten, wie umgekehrt Männer vonGenie schlechte Schach - oder Kartenspieler gewesen sind. Was aberdas sogenannte Glück angeht, so hat mich meine Erfahrung zu demSchluß gebracht, daß es Einzelfälle von Glück und Unglück wohlgiebt, die unabhängig vom Wert des Betroffenen sein Geschickbeeinflussen oder entscheiden mögen, daß aber fortgesetztes Glückoder Unglück immer auf eine Ursache im Menschen selbst hin-