Druckschrift 
Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
Seite
249
Einzelbild herunterladen
 
  

KlUifmämiische Lehrjahre.

249

meiner ganzen Persönlichkeit vor, und ich war nicht einmalsicher, ob das Opfer zu einem äußeren Erfolg führen werde.

Diese Stimmuug konnte ich anch in den Briefen an meineBraut nicht unterdrücken, und die Folge war, daß sie michbeschwor, den ganzen Plan wieder fahren zu lassen, möge für siedaraus entstehen, was da wolle. Es war die peinvollste Zeit,die ich jemals dnrchgemacht habe. Zwei Hintergedanken be-herrschten meine Stimmung. Der eine, die, wenn auch ge-milderte Geringschätzung, mit der ich noch immer ans diesesgeschäftliche Handwerk herabsah, der andere der Zweifel, ob ichdas Zeng zur glücklichen Führung der Geschäfte in mir hätte.Beides war nicht bloß Vorurteil oder Kleinmut.

Wenn ich im Lauf der Dinge die Erfahrung gemacht habe,daß in den großen Geschäften des Handels, und speziell desBankwesens, Raum für intellektuelle Thätigkeit jeden Grades uudder Ausblick in die weitesten Horizonte gegeben sein kann, so daßder Beruf auf gleiche geistige Höhe mit dem der Gelehrten sichaufschwingen mag, so war doch das, was sich zunächst in Holland mir bot, noch auf einem flachen Niveau und ziemlich eng be-grenzt. In Antwerpen hatte ich dnrch meine Berührung mitBrüssel schon hie und da Einblick in die großen industriellenUnternehmungen bekommen, zn denen gerade damals das jungeKönigreich sich anspornte.

Vielleicht wäre in Holland bei längerer Praxis den über-seeischen Handelsbeziehungen eine interessante Seite abzugewinnengewesen. Aber das Feld, auf das ich zunächst angewiesen war,hielt sich in den engeren Grenzen des Umsatzes in Staatspapierenund Wechseln. Erst mein langer Dienst in dem großen PariserGeschäft brachte so vielen und vielgestaltigen Lernstoff, daßmir, wie hervorgehoben, das Bewußtsein geblieben ist, in keineranderen Laufbahn hätte ich mehr über Menschen und Dingeder großen und kleinen Welt lernen können, als in dieser. Ichwerde, wenn ich demnächst an den Pariser Abschnitt komme,darüber mehr zu sagen haben. Einstweilen möge auch noch derandere Pnnkt beleuchtet werden. Es handelt sich um meine sub-jektive Befähigung.

Ich habe reichlich Zeit gehabt, mich darauf zu prüfen, und