Kaufmännische Lehrjahre.
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Du so fleißig liesest, studierst, schreibst; sv aoi, 7«? sa^sv. FängstDu bald griechisch an? Ich wäre ein großer Esel, wenn ich nichtFortuue mache. Ich bin gesund, esse und könnte gut schlafen,wenn das Bett und die Flöhe damit einverstanden wären."
Allmählich machte ich mir ein erträgliches Leben znrecht.Der Umgang war natürlich beschränkt. Ein paar ledige Herren,Belgier, Deutsche, Schweizer und auch ein Holländer kamen mirnäher. Ein ehemaliger, jetzt zurückgezogener Kaufmann, der sehrreich war, viel nach Paris ging, eine schöne Galerie neuererfranzösischer Bilder hatte, fand sein besonderes Wohlgefallen anmir und nahm mich nuter seine Protektion. Sein Name warEduard Jakobson. Er hatte sich, nachdem er sich zur Ruhegesetzt, eine Stellung gemacht, die ich als die eines diplomatischenVolontärs bezeichnen möchte. Sein Stolz war sein intimerVerkehr mit Guizot , den er natürlich über alles verehrte. Seinstattliches Äußere paßte sehr gut zu der Rolle, die er sich zurechtgeschnitten hatte. Auch trug er sich genau wie Guizot mit hoch-zugeknöpftem Rock und hoher Halsbinde. Er war ein wohl-wollender kluger Mann, der mir zum Schluß einen großen Dienstleistete. Später sah ich ihn noch häufiger in Paris . Einmal nach1866 kam er in großer Sorge, daß Bismarck nun Holland annektieren wolle, zu mir, was ich ihm vergeblich auszuredensuchte.
Wirkliche Freundschaft schloß ich nur mit einem deutschenArzt und seiner Familie, in der ich heimisch ward. Sehr wider-wärtig war mir die vollständige soziale Trennung zwischen Christenund Juden. Etwas Ähnliches kannte ich zwar von Deutschland her; doch hatte es in die Kreise meiner Studiengenossen damalsgar nicht hineingereicht, und die in England und Belgien ver-lebten Jahre hatten mich die soziale Bedeutung konfessionellerUnterschiede ganz vergessen lassen. Im Gegensatz zu ähnlichenErscheinungen auf deutschem Boden war eigentlich von Rassen-haß keine Rede, auch nicht von Neid, da es in Holland unzähligviele reiche Christen und sehr viele arme Juden gab, besondersin Amsterdam , wo sie auch viele grobe Handwerke trieben,namentlich als Lastträger bei dem Aus- und Einladen der Schiffeschwere Arbeit thaten. Ebensowenig konnte man die Scheidung
Bcimbergers Erinnerungen. 17