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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
Seite
267
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Paris . 267

von mehreren Stimmen gesungen. Es mutete mich durch diedunkle Stille wehmütig heimisch an. Und als die Sänger näherkamen, waren es französische Soldaten. Daß dieser Gegensatzseine Wirkung that, ist am Ende nicht zum Verwundern; aberetwas sonderbar ist, daß ich noch heute in Mainz an Soldatenvorübergehend, welche die jetzt mit wenig Ausnahmen über dieganze deutsche Armee verbreitete, ursprünglich preußische Uniformund den Helm tragen, verwundert aufhorche, wenn der heimischePfälzer Dialekt aus ihrem Munde ertönt. Die jugendlicheReminiszenz, dergleichen nur mit der alten hesseudarmstädtischeuUniform vereint zu hören, ist noch nach drei Jahrzehnten nichtausgeblieben.

Nachdem ich glücklich in Paris gelandet und auch weiter-hin unbehelligt geblieben war, redete ich mir ein, derkaiserlichen Polizei ein Schnippchen geschlagen zn haben. Nureinmal wurde ich für einen Augenblick daran irre, als ich etlicheWochen nach meinem Einzug in die Wohnung an der Place Ven-döme des Abends ans dem Hause ging. Wie ich mich der Loge desSchließers nähere, höre ich deutlich uach meinem Namen fragen.Ich gehe auf den Forscheudeu zu, der sich nun rasch entfernenwill, doch halte ich ihn an und bitte um Aufklärung. Er ant-wortete verlegen, daß er im Auftrag einer mir unbekanntenDame gehandelt habe, und eilt weg. Ich merkte sofort, daß dieDame die Polizei war. Doch hatte es weiter keine Folgen.Viel später erst entdeckte ich, wie wenig ich mein Inkognito be-wahrt hatte. Nachdem ich schon eine Reihe von Jahren inParis gewohnt und oft die Jntereffen meines Geschäftshauses ingroßen Rechtssachen zu vertreten gehabt hatte, schien es erwünscht,daß ich Sicherheit gegen die über jedem Fremden schwebende Gefahrpolizeilicher Ausweisung erlangte. Dies wird ermöglicht durch dieErlangung des sogenannten äroit äs äorllioils oivil, welches mit derNaturalisation nichts gemein hat, sondern nur in den Standsetzte, die aus dem regelmäßigen Wohnsitz erfließenden Rechtedes Aufenthaltes, vor Gericht zn klagen u. f. w. auszuüben.Zu diesem Zweck machte ich eine Eingabe an das Ministeriumdes Innern. Natürlich traf ich Fürsorge, mit guten Empfehlungenund Referenzen versehen zu sein, und das war bei der großeu