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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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Paris .

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hanptet worden, er verrichte Spionendienste, daß man sichentschloß, ein Gericht über ihn abzuhalten und ihn zur Ver-antwortung aufzufordern. So geschah es. Der Verdächtige er-schien vor einer Versammlung von Deutschen , und nun wurdenihm aus den Akten der Polizei solche uuwiderlegliche Beweisevorgehalten, daß ihm nichts übrig blieb, als sich schuldig zu be-kennen und kniefällig um Schonung zu bitten, da ihn nur Elendzu dieser Schande getrieben habe. Als er fertig war, erhob ersich mit einem Male wie rasend, zeigte auf seinen Ankläger, einenanderen journalistischen Flüchtling hin und rief diesem mitDonnerstimme zu:Nun, aber, Du Schuft, nieder auf die Knie!"Damit zog er ein Faszikel Polizeiakten ans der Tasche, inwelchem schwarz auf weiß bewiesen war, daß auch der Anklägerzn den Asfiliierten der Polizei gehörte. Die Szene, die mirwiederholt von Teilnehmern geschildert wurde, spielte kurze Zeitvor meiner Ankunft in Paris und soll wahrhaft erschütterndgewesen sein. Die Namen der Überführten sind mir auch heutegegenwärtig.

Dem ersten begegnete ich noch öfter in Lesekabinetten, under hat seine mit vielem Geschick geführte Feder im Dienste seinesBlattes bis zum Krieg von 1870 gebraucht. Was nachheraus ihm geworden, weiß ich nicht. Der zweite hielt es für an-gezeigt, nach abgehaltenem Vehmgericht nach England über-zusiedeln, wo er gestorben ist. Er war ein Österreicher, hatte inder Wiener Erhebung von 1843 in der Studentenlegion figuriertund noch kurz vor feiner Entlarvung meine Aufmerksamkeit durcheinen von ihm unterzeichneten Artikel in Kolaczek's deutschenJahrbüchern erregt wegen des fürchterlichen Pathos, in dem ersich über die Korruption in Frankreich erging. Ganz deutlicherinnere ich mich einer Phrase, welche schloß:Fäulnis, überallFäulnis; gebt mir <Zs LoloZlls!" Nicht lange darauf erfuhrich das Geheimnis dieser schönen Seele.

Mein Freuud Moritz Hartmann war nach dem Staatsstreichdas Opfer eines solchen Schurken geworden, der ihn aus per-sönlicher Bosheit wegen politischer Umtriebe denunzierte.

Eines Morgens wurde er, nach Landesbrauch, aus demBette geholt und in das Gefängnis von Mazas gebracht; er