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Siebentes Kapitel.
schienen, gingen sehr viel bei ihr aus und ein. Es mutete unsandere, die wir ganz nach Landessitte gewöhnt waren, direkt undindirekt sie nur als Madame d'Agoult zu bezeichnen, seltsam an,wenn Adolf und Fanny einmal über das andere vou der Gräfinin schmelzendem Tone sprachen — ähnlich wie Lassalle , der Volks-mann, auch immer seine Gräfin im Muude führte.
Bekanntlich hat Frau d'Agoult als Schriftstellerin unter demNamen Daniel Stern eine reiche schriftstellerische Thätigkeit ent-faltet. Sie rechnete sich zur republikanischen Partei. Ihr Haupt-werk ist eiue Geschichte der Revolution von 1848, das als zeit-genössische Darstellung nicht ohne Wert ist.
Ich traf des öfteren mit ihr au Hartmanns Bett zusammen;gewöhnlich war sie vou ihren beiden Töchtern, Kosima undBlandiue (später Frau Ollivier) begleitet. Sie war eine impo-sante Erscheinung und trat sehr selbstbewußt auf. Ihre Memoiren,die auch lesenswert sind, können als Beleg zu beidem dienen, denneine recht schmeichelhafte Schilderung ihrer körperlichen Vorzügewird darin gegeben. Anßer diesen beiden Töchtern hatte sie vonLiszt noch einen Sohn, Daniel genannt. Ihr wildeheliches Ver-hältnis zn dem großen Musiker hatte in der Zeit, da ich siekennen lernte, schon sein Ende erreicht. Beide Teile hatten sichanderen Gottheiten zugewandt.
Zu den nennenswerten Deutscheu, die damals viel bei Hartmannverkehrten, gehörte auch Alfred Meißner . Beide waren von Kindes-jahren befreundet gewesen, zuerst in der böhmischen Heimat, dannbereits als liberale Preßflüchtlinge in Dresden und Leipzig verbrüdert, trafen sie zu jener Zeit wieder in Paris zusammen.Wie einst Hartmanns „Kelch und Schwert", so hatte Meißners„Ziska" dessen Dichterruf verbreitet. Ihre Namen wurden imMunde derer, welche sich an der jungen Freiheitspoesie der vierzigerJahre freuten, oft verbunden genannt, und ein entsprechendinniges Verhältnis hatte sich zwischen ihnen befestigt. Meißnerwar zwar kein auffallend schöner Mann, wie sein Busenfreund,aber immerhin eine angenehme, etwas zierliche Erscheinung, blond,mit zarter Gesichtsfarbe nnd rosigen Wangen. Er war in naheBeziehung zn Heinrich Heine getreten, die er später anch litterarischverwertete.