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Siebentes Kapitel.
von selbst blieb der enge Zusammenhang mit der Tochter und Enkelinbestehen und bis auf den Tag, an dem ich dies niederschreibe,(1898) währt, nachdem auch die Tochter der Mutter in die Ewig-keit gefolgt ist, die enge Freundschaft mit der Enkelin fort, dienunmehr schon wieder Mutter dreier erwachsener Kinder ist.Daraus läßt sich schließen, welche eigentümliche geistige Atmo-sphäre über diesem Hause schwebte.
Das Charakteristische daran war unter anderem, daß diese sodurch und durch französischen Natnren — das irländische Elementhatte das keltische noch kondensiert — so viel Verständnis undSinn für anders geartete Naturen hatten. Denn obwohl meineFrau, wie ich, uns sehr gut in das französische Wesen hinein-gefunden hatten, verleugneten wir doch weder innerlich nochäußerlich die eigene deutsche Bildung und Sinnesweise.
Die kleine zehnjährige Enkelin verlegte sich auf unsere An-regung aufs Studium des Deutschen und brachte es zu einemmerkwürdig feinen Verständnis der Sprache, allerdings aufGrund einer außerordentlichen intellektuellen Anlage.
Der Höhepunkt von Frau Janberts sozialen Beziehungenfällt in die Mitte der Julidynastie, und die vertrautesten wie dieinteressantesten führen aus die Namen des Advokaten Berryer ,der Fürstin Trivulzi Belgiojoso, der Maler Chenavard undDelacroix , der Dichter Musset und Heine — in späteren Zeiten,die ich noch miterlebte, schlössen sich daran der Advokat ErnestPicard und der Historiker Pierre Lanfrey , mein Frennd. Unterder Julidynastie hatte sie einen der bestbesnchten Salons.Als ich meine Freundin anfangs der sechziger kennen lernte,,hatte sich der Kreis verengert, ohne daß es ihm jedochan Mannigfaltigkeit fehlte. Vom alten Bestand lernte ichnoch Chenavard und Berryer kennen. Über ersteren habe ichfrüher ausführlich berichtet. Der letztere war damals schon einhochbetagter Herr, der aber noch in der Deputiertenkammer deszweiten Kaiserreichs seinen Platz einnahm. Das ehrwürdige,stets mit einem schwarzseidenen Käppchen bedeckte Greisenhauptließ in seinem Antlitz nichts mehr ahnen von der stürmischenJugend, deren Erinnerungen in ihm noch dann und wann aus-