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Achtes Kapitel.
Am Nachmittag ward ein gemeinsames Essen im Garten desWirtshauses von Mnrg abgehalten, und hier fehlte es natürlichnicht au kräftigen Reden. Auch zwei angesehene Schweizer be-teiligten sich, Professor Hilty ans Chur (jetzt in Bern ) und OberstBernold aus Walleustadt. Ich griff mit einer Rede ein,deren Mittelpunkt eine Betrachtung über das politische Exil unddie Empfindungen der Verbannten war. Ludwig Simon brachteein Hoch auf den damals, nach der Schlacht von Aspromonte,gefangenen Garibaldi ans. Trotz aller Finsternis, die nochauf dem buudestäglichen Deutschland lastete, ging doch ein Zugstiller Hoffnung durch die gemeinsame Stimmung.
Johann Jacoby hat dem Andenken seines Freundes undKampfgenoffen ein litterarisches Wort gewidmet. Das Bnch:„Heinrich Simon, ein Gedenkbnch für das deutsche Volk," erschienim Jahre 1865 bei Julius Springer in Berlin uud giebt eiueninteressanten Beitrag znr Geschichte der politischen Kämpfe inDeutschland nnd besonders in Prenßen. Eiu Anhang enthälteine ausführliche Schilderung der Feier. Darin ist anch meineRede wörtlich wiedergegeben.
Aus einem Brief an meine Frau, in dem ich ihr über denHergang berichtete, lasse ich noch einige Stellen folgen. Wo ichvon meiner Tischrede erzähle, heißt es: „Ich hielt eine moderierte,aber eingehende Rede über die Weihe des Exils, bei welcher, wieman sagt, viele Thränen über gebräunte Gesichter und graueBärte Herabflossen. Der achtzehnjährige Sohn Robert Blnmssaß mir gegenüber und stenographierte. Ich bin mit solcherManier undankbar, daß die Regierung mirs nicht verübeln darf.Jetzt, da die Schuld des Uudaukes abgetragen ist, wollen wirPläne für eine deutsche Reise machen."
In der That hatte die zurückgewiesene Vergünstigung desDarmstädter Ministeriums die Sehnsucht nach der Rückkehr nurgeschärft, statt sie abzustumpfen.
Kurz vor diesem Zwischenfall war mir eine Botschaft zu-gegangen, welche geeignet war, diese Stimmung zu belebeu.
Die österreichischen Versuche, durch Scheiueoucessioneu eiuevolkstümliche Reform der deutscheu Bundesverfassung in Szene