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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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Beziehungen zu Deuischland und erste Reisen ins Vaterland. 515

Wenn man sozusagen mit der Uhr in der Hand schreiben muß, beschränktman sich geru auf das unerläßlich Nötige. Ich würde Dir übrigens imwesentlichen nichts anderes gesagt haben, als was in der Einleitung steht.Zch habe Dnncker gebeten, Dir die Aushängebogen zu schicken. Ich habe,wie dies bei derartige» Arbeiten oft nicht anders geht, die ästhetische,schön abgerundete Form oft der geschäftlichen Gewissenhaftigkeit geopfert,z. B. am Ende des ersten Kapitels, wo ich die Barbarei der Rekrnten-einfangnng und Behandlung mit den eigenen Worten ihrer Peinigergeben zu müssen glaubte; allein gerate deshalb glaube ich, meinenZweck, die deutschen Ranbsürsteu der öffentlichen Verachtung unddem Hasse preiszugeben, desto wirksamer erreicht zu haben. Undgerade darum ist mein Buch eine zeitgemäße Arbeit, ein hoffentlichwirksames politisches Paniphlet, das die Zeitströmnng noch verstärkenhilft und den Unwillen gegen die Schandwirtschaft noch intensivermacht."

Ich glaubte, obige größere Stellen aus diesen beiden Briefenhier wörtlich aufnehmen zu sollen, weil sie in mehr als einerBeziehung für die Denkweise jener Zeit und das Ganze derPolitischen Zustände vor, während nnd nach ihrer schriftlichen Ab-fassung bezeichnend sind.

Die Sprache, welche Kapp hier unter vier Augen führte,klingt den Ohren des hente lebenden Geschlechtes wahrscheinlich zuderb und vielleicht etwas eynisch. Aber Kapp war weder einExaltado noch ein Cyniker. Übertreibung, Effekthascherei, jeglicheArt von Pathos auch in den Beziehungen von Mensch zu Menschlag ihm sern. Man lönnte eher sagen, daß er nüchtern undpraktisch war wie ein echtes Kind der westfälischen Erde. Auchhatte er sich von jungen Jahren an dem praktischen Lebenslausmit Geschick gewidmet. Zur Zeit, da er obiges schrieb, war erzugleich ein vielbeschästigter Rechtskonsulent und aktiver Politikerin New-Iork.

Es war damals die Zeit des Sezessionskrieges zwischen demNorden und den sklavenhandelnden Staaten der Union.

An diesem großen Kampf hatte Kapp sich fchon litterarischin hervorragender Weise beteiligt; er war ein eifriger Partei-gänger Lincolns, und die Entscheidung über Sieg oder Niederlagewar gerade in ihr kritischstes Stadium gekommen, während Kappan seinem Buch und obigem Briefe schrieb. Daher seine Bemerkung,

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