536 Achtes Kapitel.
Infolge dieser Besprechung kam ich mit Röckel in lebhaftenBriefwechsel, der sich noch ziemlich lange fortspann. Im Lansder Zeit wurde übrigens mein Märtyrer, wie mancher seinesgleichen in Deutschland vor ihm, ein recht zahmer Politiker, undmeine Sympathien erkalteten, wenn auch nicht für die Leiden, dochfür den ehemaligen Gesinnungsgenossen.
Wie dem Turnverein, so hatte ich auch dem deutschen Hilfs-verein in Paris meine Aufmerksamkeit zugewandt, und die ausdiesen verschiedenen Berührungen mit der deutschen Kolonie hervor-gehenden Anregungen führten auf den Gedanken, eine Schule fürdeutsche Knaben ins Leben zn rufen. Ein deutscher Schulmann,mit dem ich während seines Aufenthaltes in Paris Freundschaftgeschlossen, Dr. Karl Laubert, zur Zeit, da ich dies schreibe, nochDirektor des Realgymnasiums in Frankfurt a. O., ging mir darinzur Hand. Doch kam das Projekt nicht zur Ausführung.
Noch einmal in späteren Jahren kam ich dazu mich einerdeutschen Angelegenheit in Paris anzunehmen. Es geschah beiGelegenheit der großen Weltausstellung von 1867, wo ich an derSpitze eines Ausschusses zum Besten der für diesen Zweck nachParis kommenden deutschen Arbeiter stand. Mit Hilfe eines jungendeutschen Gelehrten, den ich eigens dafür als Sekretär anstellte,leitete ich den Dienst, der hauptsächlich für das Unterkommenund die Steuerung der Ankömmlinge zu sorgen hatte. Die ziemlichumfangreiche Thätigkeit brachte mir keine Unannehmlichkeiten ein.
Im Sommer 1864 hatte ich die Absicht, auf längere Zeitnach Deutschland zu reisen; sie kam nicht zur Ausführung. Ichhatte mich so sehr angestrengt, daß ich auf ärztlichen Rat nachSt. Moritz im Engadin zn gehen beschloß, welches damals zwarschon bekannt und civilisiert, aber entfernt nicht so in Mode warwie jetzt mit samt dem ganzen Engadin. Auf dem Rückwegbesuchten wir — meine Frau war wie immer meine Begleiterin —n. a. Jnterlaken.
Vor kurzem war unter von Rappards Leitung daselbst einHotel Juugfraublick entständen, eine Aktiengesellschaft, in deren Ver-waltung auch Löwe-Calbe , der Schwager Rappards eingetretenwar. Das war ein Anziehungspunkt für alte Achtundvierziger.