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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
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Bayern um 1840. Baden.

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Überlegung beiseite schob, die Veranstaltung anderer ähnlicherFeste nnd die wenn auch meist unbedeuteuden Unruhen, die sichan solche Anlässe knüpften, trieben den König Ludwig iu das Lagerder Reaktion. Politische Gefangene wurden in langer Unter-suchungshaft gehalten, zur Abbitte vor des Königs Bilde nnd znschweren Freiheitsstrafen verurteilt, Professoren wurden gemaßregeltund in kirchlichen Dingen den Zeloten freie Hand gelassen. DieWillkür des mehr phantasiereichen als in sich gefesteten und klarenMonarchen trat übermäßig hervor, und das Land erschien als einSpielball der Launen und Einfälle eines Einzelnen, der zu allemeher als zum Regieren geboren war.

Trotzdem hob sich das Land, nnd Bayern zeigte um 1840ein ganz anderes Bild als in den Tagen des Rheinbundes. EineFülle von Kräften war geweckt und ein geistiges Leben, daS zwarin Gegensätzeu rang, das aber doch schon Formen und Wege zufinden wußte, in denen und ans denen sich dieser kraftvolledeutsche Stamm zum Bewußtsein seiner nationalen Bedeutung undPflicht erhob.

Ähnliches gilt von Württemberg und von Baden. Zwischenden drei süddeutschen Staaten herrschte viel Rivalität, und Baden war längere Zeit von der Begehrlichkeit der Nachbarn ernstlichbedroht. Daß die ältere Linie des Regeutenhauses auszusterbendrohte, wollte Bayern benutzen, nm sich namentlich die Pfalz an-zueignen. Um nun die Einheit des Landes zu sichern, wurde durchein Hausgesetz vom 4. Oktober 1817 die Unteilbarkeit des Groß-herzogtums Baden ausgesprochen und das Erbrecht der Hochbergi-schen Linie gesichert. Danu wurde am 29. August 1818 eine Ver-fassung verkündet, welche die Einheit des Landes kräftig zum Be-wußtsein brachte. Sie hat später einige Änderungen nnd Zusätzeerfahren, bildet aber mit ihnen noch heute das Grundgesetz desLandes, ist ihm eine Quelle vielfältigen Segens geworden undhat auch für die gesamte Entwickelung Deutschlands in mehrerenPerioden große Bedentnng gehabt. Eine Fülle der wichtigstenFragen von den allgemeinsten Verfassungsgesetzen bis zu den bis-weilen allerdings recht kleinlichen Einzelheiten der Verwaltungwurde hier von hochbegabten Beamten, wie Nebenius, Böckh, Wiuter,

Kaufmann, polit. Geschichte. 10