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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
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Novemberprogramm dcS Prinzregcnten.

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Dingen, hinter dem sich der Kampf für persönliche Interessen barg.Damit traf er den Ton, der in den Herzen der Bürger den lautestenAnklang fand: gerade fo urteilten sie, namentlich die Masse desmittleren und kleinen Bürgerstandes, deren Religiosität ein warm-herziger Rationalismus war, ähnlich dem religiösen Empfindendes Regenten.

Über seine deutsche Politik sagte der Regent:

In Deutschland muß Preußen moralische Eroberungen machen, durcheine weise Gesetzgebung bei sich, durch Hebung aller sittlichen Elemente unddurch Ergreifung von Einigungselementen, wie der Zollverband es ist, derindes einer Reform wird unterworfen werden müssen. Die Welt mußwissen, daß Preußen überall das Recht zu schützen bereit ist. Ein festes,konsequentes und, wenn es sein muß, energisches Verhalten in der Politik,gepaart mit Klugheit uud Besonnenheit, muß Preußen das politische Ansetznund die Machtstellung verschaffen, die es dnrch seine materielle Macht alleinnicht zu erreichen imstande ist.

Diese Worte verraten noch nichts von der Klarheit, mit der damalsBismarck über diese Dinge dachte, aber dem Volke genügten schondiese allgemeinen Sätze, in denen wenigstens das Gelübde lag, niewieder die Wege von Olmütz zn gehen.Die Welt muß wissen,daß Preußen überall das Recht zu schützen bereit ist." Also derVerrat an Kurhessen und an Holstein, die schmähliche Behandlungder hannöverschen, der mecklenburgischen, der lippeschen und Ham-burger Verfassungsfragen das sollte abgethan sein, das solltenicht wieder vorkommen! Und der das sprach, war ein festerMann, nicht so wechselnden Stimmungen preisgegeben wie seinköniglicher Bruder, und die Sätze, in denen er das sprach, warenklar und bestimmt, ganz anders als in den Abschnitten über dieinnere Politik. Nun ging damals durch alle Gaue Deutschlands ein Vorgefühl, als ob die Zeit des Harrens auf eine Reform desBundes ein Ende nehmen wolle, und die Thatsache , daß derRegent sich so aussprach und daß man ihm vertraute, genügte,um die deutsche Bewegung rasch in Flnß zn bringen.

Bei den Wahlen für das Abgeordnetenhans des preußischenLandtags im November 1858 trat dies Vertrauen des Volkes ineigentümlicher Weise zu Tage. Die bekannteren Führer der Linkenlehnten die Wahl ab, um dem Regenten keine Sorge zu bereiten,