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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
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Bismarck übernimmt das Ministerium.

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erkannte, daß Österreich vor großen Krisen stehe und seine An-sprüche nicht werde behaupten können, daß esseinen Schwerpunktnach Ofen verlegen" müsse.

Nachdem er Frankfurt verlassen hatte, faßte er seine Erfah-rungen noch einmal in einem Bericht zusammen, der in dem Satzegipfelte:Ich sehe in unserem Bundesverhältnis ein GebrechenPreußens, welches wir früher oder später tsrro et i^ai werdenHeileu müssen."

Von Anfang 1859 bis Mai 1862 war er Gesandter inPetersburg und vom Mai bis September 1862 Gesandter in Paris .Aber während dieses Sommers stand schon immer seine Berufungin das Ministerium in Frage. Roon drängte darauf hin, der Königzauderte, und Bismarck selbst hielt dafür, es sei vielleicht besser,die Opposition sich erst noch weiter verrennen und ins Unrechtsetzen zu lassen. Im September 1862 aber war kein Zuwarten mehrmöglich. Die Entscheidung fiel in einer Unterredung im Babels-berger Park, über die Bismarck selbst einmal in späteren Jahrenberichtet hat. Der König war sehr gedrückt, denn er war über-zeugt, daß die Kammer in den nächsten Tagen die für das Heerunentbehrlichen Summen ablehnen uud daß dann fein Ministeriumteilweife zerbröckeln werde. Er hatte deshalb eine Abdankungs-urkunde ausfertigen lafsen und trug sie bei sich. Wenn ihm dieUnterredung mit Bismarck nicht Hilfe zeigte, so war er entschlossen,die Urkunde zu vollziehen und den Thron zu räumen. Bismarckerklärte sich bereit, die Reorganisation ausrecht zu erhalten, auchwenn die Kammer das Budget verwerfe, er lehnte es jedoch ab, dasRegierungsprogramm, das der König für diesen Fall entworfenhatte, anzunehmen oder selbst ein Programm festzustellen. Dashänge von den Umständen ab. Aber er zeigte eine Zuversicht, dienun auch auf den König zurückwirkte. Der gebeugte Monarchrichtete sich wieder auf und gewann auch äußerlich feine straffe, stolzeHaltung wieder. Wohl wußte er noch nicht, wie Bismarck denKonflikt lösen wolle: aber hier war ein Mann, der lebendige»Glaubeu hatte an Preußens Königtum und Preußens Zukunft,und nun fand der König auch seinen Glauben wieder.

Es waren ganz verschiedene Naturen, die sich hier zu gemein-