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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
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Der Konflikt und der dänische Krieg.

zu hindern, und die Argumente, mit denen der leitende MinisterGraf Rechberg seine Vorschläge und Forderungen stützte, verrieten,wie diese handelspolitischen Fragen nur die Hülle bildeten für einenletzten Versuch, Preußen durch den Bund zu einem Werkzeug derösterreichischen Großmachtstellung zu machen. Aber Preußen bliebfest, und wenn man dem Ministerium der neuen Ära in vielenDingen Schwäche und Unklarheit vorwerfen kann, so muß manum so mehr anerkennen, daß es in diesem Punkte unter schwierigenVerhältnissen seinen Standpunkt behauptete. Am 29. März 1862einigte sich Preußen mit Frankreich über den Vertrag, und inSachsen stimmten sofort die Regierung und die beiden Kammern zu.

Die wirtschaftlichen Interessen des industriereichen Staatessprachen so laut, daß die lebhaften politischen Sympathien für Öster-reich und die gewohnheitsmüßige Gegnerschaft des Ministers Beustgegen Preußen schweigen mußten. Weniger entschieden war man inanderen Staaten; aber es begannen nun überall Vereine nnd Ver-sammlungen sich zu regen, denn Preußen erklärte, daß die Staaten,die den Handelsvertrag mit Frankreich nicht annehmen würden,mit dem Ablauf des bestehenden Zollvereinsvertrags, Ende 1865,ans dem Verein ausscheiden müßten. Die politische Bewegung inDeutschland erhielt dadurch eine gewaltige Steigerung, und derUmstand, daß wirtschaftliche Fragen im Vordergrund standen, überdie viele, die über die Reform des Bundes ohne nähere Kenntnisund ohne das Gefühl der Verantwortung schwatzten uud lärmten,mit Sachkunde und sorgfältigster Abwägung der Grüude sprachenund schrieben, hob auch den inneren Gehalt und die Kraft derBewegung. Unter diesen Verhältnissen entschloß sich Österreich , denso naturgemäß stetig steigenden Einfluß Preußens durch eine be-schleunigte Reform des Bundes zu bekämpfen.

Das preußische Abgeordnetenhaus hatte am 2S. Juli 1862trotz des heftigen Konflikts mit der Regierung über die Militür-frage den Handelsvertrag fast einstimmig angenommen und ebensoam 5. September 1862 die Erklärung der Regierung gutgeheißen,daß sie mit den Staaten, die den Handelsvertrag ablehnten, denZollverein nicht erneuern werde. Bayern, Württemberg undHannover lehnten den Vertrag nun wirklich ab, und die Vcrsamm-