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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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I. DaS Erbe.

allein diesem Beispiel nicht folgte. Draußen im fernsten Städtcheneine romanische, eine gotische Kirche, ein mehr oder minder reichesStift, ein Anspannen der ost bescheidenen Kräste um das Größte derKirche darzubieten, sich selbst und seine Mittel hinzugeben zur EhreGottes: Im gewaltigen, die Geister der Welt beherrschenden Rom kaum ein paar Ansätze zn ähnlichem Thun. Rom hat keine roma-nische, kaum eine gotische Kirche von Bedeutung, seine Kunst-thätigkeit steht tief unter der der meisten Bischofsstädte in Italien ,in Frankreich, England, Deutschland . Wohl entstand dies oderjenes, wohl änderte man hier oder dort: Aber wo im mittelalter-lichen Rom ist der Bau, der sich mit den großen Stiftskirchen derdeutschen Kaiser und Fürsten , der srauzösischen nnd englischen Herren,der Bischöse und Klöster im Norden, wie im Süden messen könnte?

Auf Jahrhunderte, in welchen Rom eine der niedersten Rollenim Kunstleben der Kirche einnahm, folgte die Renaissance, die miteinem Schlage Rom zu dessen Mittelpunkt machte. Aber manschaue genau zu: Nasch entwickelte sich in 'den italienischen Städte«die Kunst, sobald ihr Gelegenheit zur Bethätigung geboten war.Wie Plötzlich tritt Florenz im 14., Venedig im IS., Bologna im 16.,Neapel im 17. Jahrhundert hervor, eigene Schulen gründend. Ausdem srisch gepflügten Boden schießen^ die jungen Sprößlinge aus,stürmisch sich drängend, sich schiebend zur Volleuduug der Eigenart,vom Vater auf den Sohn, vom Lehrer auf den Schüler die Art über-tragend. Der einmal von der Kunst befruchtete Boden wird wohlgelegentlich matter, fauler im Tragen; aber er wahrt sich seinebildende Fähigkeit durch Jahrhunderte; er bringt immer wiederTalente hervor, bis die Zeit anbricht, einen neuen großen Frühlingergrünen zu lasseu.

In Rom aber ist noch nie ein Künstler geboren. Das be-merkte schon mit Stanncn Winckelmann. In gebornen Römern,sagt er, wo das Gefühl vor andern zeitiger und reifer werden könnte,bleibet dasselbe in der Erziehung sinnlos und bildet sich nicht:Was wir täglich vor Augen haben, pflegt kein Verlangen zuerwecken.

Ausnahmen bestätigen die Regel: So ist Römer Giulio Romano ,so Sacchi, so siud es einige Barockarchitekten, die freilich meist