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später immer wieder aufs neue aussprach: Der Gegenstand machtdie Kunst; sie ist gut als Erklärer der Heilswahrheit; sie soll dieLehre der Kirche anschaulich machen; sie soll Thatsachen erkennbarwerden lassen. An gerade dieser Aufgabe scheiterte in Rom regel-mäßig die Kunst: Sie hat für die Menschen, welche sie ohne weitereserkennbar machen sollte, typische Formen zn finden, ihnen typischeBewegungen, typische Kleider, Geräte zu geben, sie in bestimmtenLebenslagen zn schildern. Damit zwingt die Kirche die Knnst in einNetz von Gesetzen hinein, von Gesetzen, welche sie fast immer nachkurzer Zeit eiuschuüreu, ausdorren, vernichten. Es ist kein Zufall,daß Rom nie Kunst erzeugte, obgleich wohl keine Stadt der Weltseit der Zeit der Renaissance soviel Knnst aufsog.
Diese sphynxartige Kraft des Saugens hat Rom sich durchalle Zeiten gewahrt. Wohl haben verschiedene Künstler in Rom Schule gemacht. Daß kein Römer unter diesen ist, versteht sichvon selbst, da es keinen römischen Künstler giebt. Aber wie vielvornehmer gestaltet sich die Malerei nach Rafaels Tode in Florenz ,als in Rom , wie viel mehr Menschentum, Selbstkraft ist in denBaroccio, Vasari, Giovanni da Bologna als im Cavaliere d'Arpinvund seiner Schar kunstfertiger Schüler. Der zweite Anlauf gegenEnde des 16. Jahrhunderts, die Caracci, Reni, Albaui, dauuweiter Ribera, Rosa — sie kommen alle nach Rom als sertige Künstler,schaffen hier, lehren hier. Aber keiner wird innerlich reicher, jedergiebt von dem Seinen ab, flieht wohl ans der Stadt der Dürre, dernervenverzehrenden Unrnhe. Die großen Wandlungen im 17. Jahr-hundert: Bernini, Borromini , Cortona, Giordano, Solimena, Ferrata:kein Römer unter ihnen. Man klammert sich wohl in der blöden Ver-ehrung Roms an Einzelne, man preist den „stolzen Römer Soria",einen Barockarchitekten. Er hieß Schur und war Tiroler, wie es Pozzowar, den man solange als typische Erscheinung der Barockarchi-tektur der römischen Reform feierte. Es giebt keine erschrecklicheregeistige oder doch künstlerische Ode als unter dem römischen Volk:Es sieht ringsum Paläste bauen, Denkmale ausrichten, Bildermalen, Gewerbe aufblühen. Aber keine Hand regt sich, mitzuthunam großeu Werke. Der alte Sinn der welterobernden, welt-beraubenden Kaiserstadt blieb wach. Bei aller Vettelhastigkeit