Thm'waldscn,
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niesen sei, das; ihm der Hauch des heiligen Geistes gefehlt habe,daß er ein Heide gewesen sei in Lebensart nnd Überzeugung, AberThorwaldsen sah nicht ein, warum er glauben solle, was er darstelle.Er glaube ja auch nicht an griechische Götter, Und so bildet er,trotz manchem Widerspruch, für die katholische wie für die pro-testantische Kirche, beideu soweit nach dem Geschmack, als sie inidealistischer Schönheit den Ausdruck ihres Wesens verstehen; er stelltpolnische Helden und dünische Staatsmänner, englische Frauen unddentsche Könige dar, ganz ohne einen Augenblick darüber in Zweifelzu sein, daß sein naives SchönheitSgesühl, sein Können ihn be-fähige, jeder Aufgabe gerecht zu werden; getragen von der Absicht,jenes hohe Menschentum wieder herzustellen, welches als der Ge-samtinhalt der antiken Knnst den Nachahmern vor Augen schwebte.Seine Götter und seine Menschen, sein Christus wie seine Apostel,sie dienen alle diesem Ziel. Das Gemeinsame in ihueu überwiegtdas Besondere. Selbst das Geschlecht schwindet unter seinen Händen.Man rühmt die Keuschheit seiner nackten Frauengestalten, man er-kennt, wie sie sich in sich zurückziehen, selbst in ihrer Entkleidunggeistig nmhüllt, abstrakt erscheinen. Man pries dies vor allem,nachdem die Renaissance die sinnliche Kraft, und das Rokoko densinnlichen Reiz des Franenleibes vor allem betont hatte. BeiThorwaldsen fehlt beides fast ganz. Seine Frauen haben wohl dieOrgane ihres Geschlechtes, aber sie erscheinen trotzdem geschlechtlos,wie nicht geeignet zu empfangen nnd zu gebären, ganz im Gegen-satz zur Antike. Seine Kinder sind kleine Große, seinen Männernfehlt die Thatkraft, der männliche Wille, die zengende Energie.Canova ist ihm hierin noch weit überlegen. Dagegen folgt ausThorwaldsen in breiter Masse die Bildnerei des Nackten, die ander Klippe der Sinnlichkeit vvrbeizusegeln weiß, indem sie sich ineine Hämmlingsempfindung hineinversetzt, wähnend, dadurch klassisch,keusch zu wirken; jene Schule von Bildhauern, welche sich allemGegenwärtigen verschließen zn müssen glaubte, um im Vergangenenzu schaffen, die die Nationalität in sich mit Mühe überwand, weilfie in Thorwaldsen nie lebendig geworden war. Neben denDeutschen sind namentlich die Engländer in diese Schule gegangen:die Folly, Gibson, Chantrey, Eampbell, Westmacott und wie sie