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II. Die Klassiker.
alle heißen, welche von Rom und London ans die englischenSchlösser mit keuschen nackten Marmorweibern nnd die Straßenmit Bronzedenkmälern von Helden, Dichtern und Denkern inidealer Tracht und von idealer Gestalt füllten. Es ist bezeichnend,daß Italiener und Franzosen sich nur iu Ausnahmen, man möchtesagen aus Geschästsrücksichteu, dieser Schule anschlössen. Das ge-meinsam Germanische jener Zeit ist sicher in Thorwaldsen nebender Antike entscheidend, sein Einfluß auf das deutsche Wesen geradeaus der Verwandtschaft herans erklärlich. War doch damals diedänische Bildung der deutschen noch aufs engste verschwistert, bildetendvch die jungen Schleswig-Holsteiner, die einen so großen Einflußauf die Gesamtentwicklung gewannen, ein bindendes Glied in demnoch durch keinen nationalen Mißklang getrübten Verhältnis.
Der geistige Vorgang, welcher sich in Thorwaldsen beimSchaffen vollzog, ist vielfach untersucht worden. Sein Merkur botdafür das beste Beispiel. Denn Kestner erzählt nns, wie er ent-stand. Thorwaldsen sah einen Burschen in der halb stehenden, halbsitzenden Haltung, daS Motiv reizte ihn uud er fand bald denGott, den er für dies Motiv verwenden könne. Mein Vater er-zählte mir oft lächelnd, wie Gelehrte in Thorwaldsens Werkstättesich über die tiesere Bedeutung der Gesten einer eine Schale dar-bietenden nnd dabei zurückgebengten Gestalt gestritten und wieThorwaldsen als Antwort ein Brett aufgehoben und sich vor jenehingestellt habe, zurückgebengt des natürlichen Gleichgewichtes wegen.Wie also nicht Überlegung, nicht Geist ihm die Gedanken ein-gegeben, sondern Naturerfahrung, rnhig fachliches Sehen. Ebensobei seinem Kopenhagener Christns. Anch hier wird erzählt, wie erdem Beschauer die Stellung, die denkbar einfachste Haltnug desKörpers vorgemacht uud fo iu der Natur die Anregnng und dieRechtfertigung seines Schaffens gefunden habe. Man bewunderte,wie er iu sorgenvollem Denken die Gestalten innerlich ersann unddann in freudiger Arbeit schnell in Thon übersetzte, wie dann aberals Übergewicht zn seinem subjektiven Schaffen ein objektiveres hin-zutrat, wie frei von der bewußten Absicht ein nnbegreisliches, dnnkles,dem Schicksal vergleichbares, in ihm schlummerndes Etwas ohnedes Künstlers Wissen nnd Zuthnn, ja gewissermaßen seiner Frei-