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II, Die Klassiker.
ein kurulischer Sitz oder ein Nachtstuhl sei. Die modernen Bau-werke, obschou sie ans antiken Geschmack Anspruch machen möchten,entfernen sich immer mehr vom Geist guter Antikeu! Und er hatselbst Schinkel gegenüber nicht Unrecht. Es mochte diesem freilichselbst in Italien klar geworden sein, daß die Antike nicht ausreiche,allen Knnstansordernngen der Zeit zu genügen. Seine ersten Vor-schläge für Bauten in Berlin waren denn auch gotisch. Wie diemeisten Architekten seiner Zeit hatte er die lange Frist der Be-schäftigungslosigkeit während der Kriege dazu beuutzt, Prospektezu malen. Der Garteubau und das Theater lehrten die Not-wendigkeit, die Architektur im Zusammenhange mit der Natur zuempfinden und darzustellen. Im Theater aber, in der Bühnen-malerei, war die Romantik schon seit sehr langer Zeit gepflegtworden. Die lustigsten und kecksten Meister der Barockbühne, dieGalli-Bibiena , hatteu die Forderungen der Oper befriedigen undneben ihren Prunkgebäude schauerliche Rninen, verfallene Schlösserund dergleichen schaffen müssen. Mit der Leichtigkeit ihrer Aus-fassung nnd der Sicherheit ihrer Hand wußten sie solchen Bautendie rechte Stimmung zu geben und von der Bühne her das vor-zubereiten, was dann die Romantiker aufnahmen. Beethovens Fidelioentstand 1805. In der Kerkersceue ist die Dekoration noch ganzim Sinn des italienischen Barock gedacht. Schillers Räuber habendagegen schon die Naturromautik des englischen Gartens, die Jung-frau von Orleans schon jene mit strenger beobachteten mittelalter-lichen Formen schaffende, wie sie namentlich durch Quaglio inMünchen zum künstlerischen Ausdruck kam; Schinkel ist der Ver-mittler zwischen Romantik uud Antike auf dem Theater. Er wurdeder rechte Nachfolger jenes großen Bühnenarchitekteu Servandoui,der den „reinen Geschmack" den Bibiena gegenüber auf fast allenBühnen der Welt unter stürmischen Beifall der Nationen wiederherstellte; der die Kulisse erst mit Racine und Corneilles Geistwahrhaft versöhnte; der Voltaires Gestalten den rechten Hintergrundgab. Und zugleich ist Schinkel der rechte Zeitgenosse Goethes, der demklassischen Wesen eine neue, einfachere, menschlichere, minder pathe-tische Seite abgewann. Die Mittelglieder zwischen dem römischenRniuenmaler Panini und seiner Schule und den malenden Archi-