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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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III. Die alten Schulen.

in den Staffagen Sitteuschildcruugeu finden, die zum Teil bessergezeichnet und ausdrucksvoller sind als die Arbeiteu, Chodo-wieckis.

Eine Fran darf in diesem Kreise nicht vergessen werden,Angelika Kauffmann . Ihre Bildnisse unterscheiden sich sehrwirksam von jenen ihrer Zeitgenossen. Sie hat etwas Weiches,.Einschmeichelndes, sie umgiebt auch iu spaten Jahren, nach mancherleiLebenserfahrungen, die Darzustellenden mit einem Hanch mädchen-hast bleibender Anmnt. Sie sehen stets sorgfältig gekleidet, fastverkleidet aus, in ihren frauenhaft sauber gelegten Falten, in dergrauen Schvutöuigkeit ihres Pinsels. Aber doch schuf sie imBildnis mehr als iu den etwas überzartcn, allegorischen Bildernwirklich ernste Werke, denen die Sinnigkeit des eigentlich malerischenGefühles uud die Aufrichtigkeit des Strebeus dauernden Wert giebt.Ihre beiden Frauenbilder in der Dresdner Gallerie, mehr solche,als das was sie darstellen sollen, als Sibyllen, halten an jenerStätte als Lieblinge des Menge, als achtenswerte Leistungen selbstden Vergleich mit vielen Großen aus. In England gefeiert, wnßteAngelika selbst uebeu Reynolds, sich zu behaupten. Ihr Goethe,ihr Winckelmann gehören znm eisernen Bestand in der bildlichenDarstellung der großen Zeit unseres Schrifttums.

> Gerhard von Kügelgen , bekannter infolge seiner Lebens-beschreibung und seines die Welt erschütterndes Endes von Mörder-haud als durch das, was ihm selbst das wichtigste in seinem Lebenwar, seine historischen Bilder, hat nns als achtenswerte Hinter-lassenschaft Bildnisse geliefert fo seinen Herder die des Manneswürdig sind. In Dänemark wirkte in Jens Juel ein Künstler,der sich an Kraft des Pinsels und an Unmittelbarkeit der AuffassungGraff häufig nähert: Sein Klovstock bezeugt dies. In Süddentsch-land hat August Friedrich Oelenhainz tüchtige, sachlich treffendeBilder gemalt. Wenn erst einmal ohne Voreingenommenheit dasGut gesichtet sein wird, das wir an Bildnissen des endeudeu alteuund des beginnenden neuen Jahrhunderts besitzen, wird man wohlerkennen, daß wir den viel gefeierten Engländern nicht so unbedingtnachstehen, als diese uns jetzt glauben machen; jedenfalls, daß dasStreben nach Ähnlichkeit, nach schlichter Wahrheit allein dem völligen