Bildnismaler. — Ihr Streben nach Idealismus.
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Versinken im Idealismus zu Anfang des Jahrhunderts noch dieWage hielt.
Die meisten dieser Künstler ließ der Ehrgeiz nicht ausschließlichbeim Bildnis verweilen. Wer wollte auf die Dauer den Vorwurfauf sich sitzen lassen, nur untergeordneten Zielen zu dienen, desHöchsten zu ermangeln, das ein wahrer Künstler besitzen und an-streben müsse, des Idealismus. Freilich sind die Bilder, welcheüber der gemeinen Natur stehen sollten, schwer genießbar. Ichkönnte mich ja täuschen nnd all die, welche jetzt in künstlerischenDingen mitreden, anch. Es wäre nicht das erste Mal, daß einemißachtete Zeit wieder zn Ehren kommt lind es ist ja sehr gutmöglich, daß man dereinst wieder die klassischen Werke dieserklassischen Zeit mit freundlicheren Angen betrachten wird, als heute.Eine Zeit voll geistigen Lebens, voll ernsten Strebens, die in anderenGebieten zu den gefeiertsten Äußernngen des nationalen Inhaltesführte, war befriedigt von diesen Werken, erhob sie hoch, hielt siedem Besten aller Zeiten nahestehend. Als Klopstock und Lessing ,Herder und Goethe dichteten, glaubte man die bildende Kunst aufeiner Höhe, welche den Schöpfungen der Poesie angemessen sei.Sie erfüllte also ihre Aufgabe, denn jeder Künstler schafft zunächstfür seine Zeit. Und wir Nachlebenden werden gut thun, nicht allznvoreilig zu urteilen, jene Werke nicht an den Forderungen unsererZeit zu messen, wie dies unsere Väter mit hartem geistigem Hochmutaus ihren philosophischen Kunstgrnndsätzen heraus gethan haben.
Aber andererseits kann sich auch der moderne Kunsthistoriker,obgleich gedrillt dazu innerhalb einer Viertelstunde ägyptische undjapanische, antike und modernste, idealistische und der Wirklichkeitnacheifernde Werke schön zu finden, auf Befehl mit allen seinenEmpfindungsnerveu einzuschwenken und aufzumarschieren, wie dieRekruten des Exerzierplatzes, sich noch nicht sür das begeistern,was in der Absicht auf Nachahmung entstand. Es ist hier zweifelloseine Lücke in unserer geschichtlichen Bildung, in der Bildung unseresGefühles für geschichtliche Gerechtigkeit. Einer nachahmenden Zeitentsprungen, in einem Kampfe um die Selbständigkeit herangewachsen,legen wir ausschließlich auf diese Gewicht. Das ist gut im Kampfeselbst, falsch im Hinblick auf jene, welche diesen Kampf nicht fochten,
Gurlitr, 1». Jahrh. 8
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