Gartenbau. — Romantische Baukunst.
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Es war der Gartenbau und die ihn in Schottland beherrschendeRomantik, welche sich hier im Knnsturteil bemerkbar machen.Stimmungen in der Landschaft zu entdecken, jene als angenehm,munter, heiter, lachend, reizend zu erkennen, in anderen aber sanft-melancholische, romantische oder feierliche Anregungen zn spüren, warzum Prüfstein für eine schöne Seele geworden. Zweifellos standendie letzteren Arten der Landschaft höher in der Schätzung. Das wardie wichtige Errungenschaft der neuen Zeit, ein Zengnis jenerhöchsten Verfeinerung, die nach dem Einfachen strebte. Abgeschlossen-heit, Stille, Dämmerung, Einsamkeit machten die Natur, namentlichaber auch die Gärten sanftmelancholisch. Sie gewährte dafür Ver-gessen der Sorge, heimliche Herzenszärtlichkeit, Sammlung dergeistigen Kräfte. Wer sollte so wenig Philosoph oder Freund vonsich selbst sein, daß er nicht in seinem ausgedehnten und heiterenGarten eine sanftmelancholische Gegend für sich erbaute?
Das Romantische oder Bezaubernde, dem man sich so gernhingab, entsprang aber für jene Zeit aus dem Außerordentlichenund Seltsamen der Formen, der Gegenüberstellungen uud Be-ziehungen: Rauhe, finstere Wildnis, gepaart mit glänzenden Blumen,ein Waldstrom über grünenden Sträuchern, kahle Felsspitzen überschöner Waldung erweckten Verwunderung, Überraschung, Staunen,Versenken iu sich selbst, in die Vergänglichkeit der Welt. DieAlpen sind romantisch. Dort herrscht der Widerspruch zwischendem Wilden und Sanften: Die Matte auf dem Felsen, dasblühende Thal unter dem Staubbach. Schottland, England bietennoch etwas anderes. Nicht nur die zufällige Romantik der Natur,sondern eine von menschlicher Kunst gebaute. Die feierliche, maje-stätische, ernsthafte, erhabene Landschaft, wie sie vor allem inItalien zu finden sei, zu der gehören Berge und Meere, Vulkaneund Abgründe, Inseln und Ströme — diese kann man nur iuklassischen Ländern erwarten, die steht außerhalb des Milieus imGartenbau. Aber das Romantische und Melancholische, diese beidenFormen des Naturempfindens, kann man bei Geschick sich selbstschassen. Und diese künstlerische That zu thun haben die Briten den Deutschen gelehrt.
Wie dies zu machen sei, dafür hat zuerst Schottland die Bei-
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