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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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IV. Die Landschaft.

verstanden hat und verlernt hat die Natnr meistern zu wollen, dersieht aus ihren Tiefen das gewaltig Unerklärliche hervorragen. Einsolcher war Philipp Otto Runge , der in jnngen Jahren 1810starb. Sein Wirken vollzog sich in Kopenhagen, Dresden undseiner Vaterstadt Hamburg .

Runge ist der Vermittler zwischen dem Nealismns und derRomantik. Ein schwerlebiger, gedankenreicher, empfindungsvollerGrübler, dem die eigentlich künstlerische Arbeit nur unter sauremSchweiß vou der Hand ging, der viel zu viel nachdachte, vielzu sehr über das Ziel der Kunst hinaus in die Kreise des Ge-dankens griff, nm in der wirklichen Darstellung zur Abrundunggelangen zu können. Er malte die vier Tageszeiten, Entwürfefür Wandmalereien, zu deren reicher ornamentaler Ausbildung erdurch Dürers damals in Wiedergabe erschienenem Gebetbuch KaiserMaximilians angeregt wurde. Nicht das übliche hellenische Ranken-werk, sondern eine sreie Anordnung naturalistisch dargestellter Dinge:Pflanzen, Kinder. Die Tageszeichen erschienen 18031805 in Stichund beschäftigten die Welt so, daß kaum über eiu anderes Werkso viele Kritiken vorliegen, wie über diese schlichten Arbeiten. Rnngesuchte nach Stimmungssymbolik: Licht, Weiß, ist ihm das Gute:dunkel, Schwarz, das Böse; neigt sich das Licht, die Sonne zurErde, so wird der Himmel rot; Blau hält uns in Ehrfurcht, esist der Vater; Rot der Mittler zwischen Erde und Himmel; schwindenbeide, so kommt in der Nacht das Feuer, der Tröster, der Mond:Sie sind gelb. Gerade diese Ansicht hat die Spötter am meistengeweckt. Die Nacht ist schwarz, nicht gelb. Sehr richtig! Nurmeint Runge, das Licht der Nacht, das Feuer und dessen Scheinsei dem Tageslicht gegenüber gelb. Das konnte man nun freilichaus den Umrißstichen nach seinen Entwürfen nicht sehen; er hatteaber durch sie sich auszudrücken versucht. Die Kritik verstand sievollends nicht. Es setzte sich das Witzwort fest, sie seien Hieroglyphen.Man suchte den Inhalt der Zeichnung und, da er sehr einfach war,fand man ihn nicht: Blumen, in ihrer Beziehung zur Jahreszeit,ausblühend, -sich »iedersenkend; Gestalten, die ihr Wesen erklären,menschlich ihr Blumensein vorleben; in ihrer Beziehung von Auf-blühen und Morgen, ihrem Glanz, ihrem Vergehen und ihrer