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V. Die Romantiker.
eigentümlich. Die Zweischlächtigkeit zwischen Antike und Gotik isteine Schwäche des ganzen Jahrhunderts gegenüber Seiten, die nurein, aber ein vorwärts liegendes Ziel vor Augen hatten. Daszeigte sich namentlich in München .
Die dortige Romantik war mit der AnSwahl zwischen zwei Stilennoch keineswegs befriedigt. König Ludwig I. war hier der treibendeGeist. In ihm war das Gegenteil von künstlerischer Einseitigkeit.Bei ihm verband sich die Ader des Kunstgelehrten, dessen Aufgabe esist, in vielerlei Schönes sich liebend zu versenken, mit der des Lieb-habers, der das Schöne auch besitzen möchte. Wenn Kant gerade darindas Wesen des Schönen fand, daß es nicht zum Besitz reize, so istLudwig I. eiu sonderbarer Gegenbeweis. Mit der Begehrlichkeit desKindes und mit dem stetigen Eiser eines starken Mannes führte erdurch, das; München von all dein, was ihn am tiefsten in der Kunstergriffen hatte, eine Nachbildung erlange. Vieles ist archäologischeSpielerei geblieben. Wenn er Leo von Klenze zwang, die Aller-heiligen-Hoskirche nach der Capella palatina in Neapel zn bauen,einein an sich höchst reizvollen Gemisch byzantinischer, maurischerund nordischer Formgcdanken; wenn er Ziebland die altchristlicheBasilika zum Vorbild für die Bonifazius-Basilika gab, so warendies ebenso sehr Lauucn ohne weitere Folgen, als wenn Gärtnereine Halle nach der Loggia dei Lanei in Florenz aufführte oder derKönig von Württemberg sich sein Schloß Wilhelm» in Cannstatt maurisch errichten ließ. Es war all dies viel mehr angewandte Kunst-geschichte als wirkliche Kunst. Auch Ohlmüllers gotische Pfarrkirchein der An ist nur als ein erster Versuch im alten Stil beachtens-wert. Auch hier fehlt die eigentliche künstlerische Belebung wie beiden rheinischen Bauten.
Bedeutender ist Friedrich Gärtners Eingreifen, der alsRheinländer mit einem rheinischen Stil beim Kirchenban einsetzenwollte, mit dem romanischen. Des Königs italienische Leidenschaftenredeten ihm aber stark ins Konzept. Die St. Ludwigs-Pfarrkirche(seit 1830) mußte die lombardischeu Baugedankeu mehr als ihrgut war aufnehmen. Nicht minder italienisch sind die Staats-bauten, die er ausführte: Deutsche Einzelheiten an Werken,die den Trotz italienisch-mittelalterlichen Herrentums darstellen