Gnrtner. — Der Bamberger Dom.
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sollten; das gewaltige Aufhäufen von Steinmassen, das am PalazzoPitti in Florenz seinen Höhepunkt erreicht hatte. Aber wenn dieSteine ans Putz nachgemacht werden müssen, so sällt die ganzeHerrlichkeit iu Öde und Leere zusammen: der ans dem Reißbrettmit Zirkel und Lineal hergerichtete Trotz bedroht den Beschauer uicht.Die Bauteu siud wieder eimnal zu schon,, um eiue wirklich künstle-rische Bedeutung zu haben; formal zn nntadelhaft; nicht menschlich,sondern akademisch.
Der künstlerische Vorteil für Deutschland , der sich ansLudwigs I. an sich so rühmlichem Thun ergab, war der, das;überhaupt etwas geschaffen wurde, daß die Hände Arbeit fandeu,daß ihueu Gelegenheit geboten würde, sich zu üben. Seine Stil-mischerei war dazn gut, den im klassischen Idealismus steif ge-wordenen Fingern wieder eine gewisse Beweglichkeit zu geben.
Die Kehrseite trat aber bald in Sicht: Die MünchenerArchitekten wurden nun sich bewußt, daß sie alle Stile der Weltbeherrschten. Das Empfindeu, die ästhetische Bilduug, die Ver-trautheit mit den höchsten Gesetzen des Schönen gebe ihnen überalle vorhergehenden Zeiten ein starkes Übergewicht, brachte sie dennauch bald zu der Ansicht, sie seien befähigt, die eben erlernten Stileauch alsbald zu verbessern. Das kurze Gedärm der Restauratorenwurde auch ihr Leibesschadeu.
Ludwig I. begauu eiue lebhafte Thätigkeit im Wiederherstellen„verzopfter" alter Kirchen. So am Dom zn Bambcrg. Was derHaarbeutelstil, der Perückeustil, der altfranzösische Stil geschaffenhatte, was altfränkisch aussah — man spürte nicht den Hohn,obgleich Bamberg in Franken liegt — all das mußte zur Kirchehinaus. Der Kaufmann Stuttgarter in Fürth kaufte für 8193Gulden 147 Zeutner Kupfer und Bronze von abgebrochenen Altärenund Denkmälern; die Altäre selbst gingen im „Verstrich" für einige40 bis 60 Gulden fort; die 13 Zentner schweren Bronzekandelabervon 161k für 36 Kreuzer das Pfund. All das entsprach nichtdem geläuterten Geschmack der Zeit, störte die Einheit der Kirche;der erhabene Tempel sollte nach des Königs Befehl im ursprüng-lichen Stile wieder hergestellt werden. Erst war Heideloff, späterGärtner die Leitung unterstellt, man hatte also Fachleute ersten
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