Abfall von der Antike. — Die neuere Kunstwissenschaft. 321
ohne Einfluß darauf. Und wenn sich auch wieder neue Strömungenin der Kunst den Alten nähern, den Archäologen, wie sie ihrerMehrzahl nach ihr Geschäft betreiben, werden sie kein Wasser aufdie baufällige Mühle leiteu, wenigstens solange der Mühle Thätig-keit nur im klappern besteht.
Die Kunstwisseuschnft hat Rumohr zu danken, daß er ihr durchsciue Italienischen Forschungen ein neues Verhältnis zur italieni-schen Kunst gab, auf dem dann Jakob Burckhardt und andereweiter bauten. Sie muß es Karl Schnaase danken, daß er durchseine Niederläudischen Briefe den Kreis des Verstandenen, Ver-stehenswerten außerordentlich erweiterte, und Franz Kngler, daßer in seinem Handbuch der Geschichte der Malerei 1837 zuerst nurfür eine Knnst, dann im Handbuch der Kunstgeschichte seit 1841für alle drei Künste statt einer Sammlung von Notizen einen Über-blick über das gesamte Schaffen gab, eineu aus der allgemeinenGeschichte sich entwickelnden Aufbau schuf, den dann Schnaase mitHilfe mehrerer Genossen seit 1843 in dem großen Werke Geschichteder bildenden Künste mit Geist uud Vielseitigkeit, ini Sinne derphilosophischen Ersassung des Inhalts der Zeiten ausbaute. Undendlich darf man nicht vergessen, was Wilhelm Lübke für dieVerbreitung einer allgemeinen knnstgeschichtlichen Bildung durchseinen Grundriß der Kunstgeschichte that, der in neununddreißigJahren zwölf starke Auflagen erlebte.
Absicht dieser Bücher war, durch Kunstgeschichte zur Kunst oderdoch zum Kunstverständnis zu erziehen. Sie erreichten eines: DieWerke der Alten wurden nicht mehr mit den Augen der Begeiste-rung, sondern mit den schärfer prüfenden der Geschichte betrachtet.Man sah in ihnen nicht nur Vorbilder, sondern ein Stück geistigerEntwickelung; man untersuchte sie auf ihre Quellen und auf ihreFvigeu, als Glied in der Reihe menschlicher Schöpfungen. Vor-läufer und Nachfolger der Gefeierten wurden sorgfältig beobachtet,und im Beobachten lernte man sie verstehen uud lieben. So erweitertesich der Umkreis des als gut, als lehrreich, als hohe Kunst zuWürdigenden von Jahr zu Jahr. Man vergleiche beispielsweisezur Erkenntnis der Rückwirkung dieser Studien die zwölf Auflagenvon Lübkes Kunstgeschichte untereinander. Wie nach und nach ganze
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