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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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Angewandte Kunstwissenschaft. Neue Formen der Kritik. 325

gefunden hatten, sein Bild für schlecht zu erklären. Das warensie denn auch, wie alles, was hinter dem Erstrebten zurückbleibt.

Eilte neue Art Inhalt war gefnnden, der Kritik ein nener,wieder außerhalb des Wesens der Kunst liegender Maßstab ge-boten. Es erschien vor kurzem eine Sammlung von Aufsätzen, dieTitus Ulrich seit 1848 in der Nationalzcitung veröffentlichte,und die als Muster der Behandlung solcher schriftstellerischer Ar-beiten iit jener Zeit gelten können. Eine gute Kritik eines Ge-schichtsbildes wnrde damals so angefertigt: Erstens schildert mandas Bild, zweitens den dargestellten Gegenstand an der Hand derGeschichtsquellen. Dann sticht man zn erklären, ob der gewühlteAugenblick ein historischer war, welche Gründe ihn zeitigten, welcheFolgen er hatte, ob diese Folgen heilsam waren. Für denLiberalen wird das Heil in der Freiheit und Bildung gesucht, galtder Despotismus uud die Bigotterie als das allgemein aner-kannte Unheil. Es scheiterte aber schon zumeist die Einigkeit derNichter an der Frage, ob das ganze Bild innere Berechtigung habe,d. h. ob es ein solches sei, das die gnten, löblichen Triebe inder Volksentwickelung fördere. Dann kam die Untersuchung, obder Maler den entscheidenden Augenblick gut getroste»; ob er dieStimmung in diesem richtig gefunden und kräftig ansgedrückt habe,ob die Wirkung der Hauptfiguren durch die Nebenfiguren hin-reichend unterstützt werde; ob jene die bezeichnenden Nebenerschei-nuugen in der Geschichte scharf kenntlich machen; ob die Trachten, dieOrtlichkeit richtig und in einer Weise behandelt wurden, daß auchsie zur Stimmung mithelfen, d. h. nicht zur malerischen, sondernzur historischen. Dann kam die Symbolik: Ulrich findet in demschwarzen Sammet über den Leichen in Gallaits Eginont undHorn und in dem weißen Lciuenüberzug den Gegensatz zwischenfinsterein Unwetter und der klaren Ruhe des Todes, zwischen derNacht des Despotismus und dem hellen Tag der Freiheit, daznaber in dem hervorstechenden Rot der Mäntel der Schützen jenenBlutton, in dein die spanische Gewaltherrschaft das Land bereitsgetaucht habe. Den stofflichen Intentionen schriftlichen Ansdruckgeben, nenut Ulrich eine solche Besprechung des Knnstwerkes.

Man sieht, daß der Inhalt den Wert des Bildes nach wie