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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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Neuer Inhalt der Geschichlsmalerei. Herkunft der Geschichlsmalerei. 327

Treue, der Gehorsam in geschichtliche» Beispielen aus die Fläche ge-bracht werde, oder der Ruhm, die Tapferkeit, die Gelehrsamkeit, dieGerechtigkeit. Der Zweck war moralisierend, erreicht sollte er werdendurch malerisch zu feiernde Tugend. So haben es schon die altenNiederländer gemacht, iudem sie ihre Rathäuser uicht mit Allegorien,sondern mit vor den Augen des Beschauers sich abspielenden Bei-spielen der Gerechtigkeit, der Frömmigkeit, der Entsagung schmückenließen.

Das Merkwürdige ist nur, daß selbst deu Zeitgenossen, jenen,die die Bilder in ihrer ersten Frische als nene Errungenschaftensahen, uie ganz wohl vor ihnen wurde. Die Begeisterung der vonCornelius befriedigtet: Ästhetiker kehrte nicht wieder. Hundertfachsagteu die Kunstgelehrten den Malern, daß sie sehr wenig im Ver-gleich mit Nafael, mit Tizian , mit Dürer oder Holbein zu geltenhätten, das; unsere Zeit armselig sei, weil es ihr am Ausdruckihrer selbst fehle, weil sie in die Fremde gehen müsse, zeitlich oderörtlich, um malerisch zu wirken.

Man empfand, daß diese Knnst nicht der Ansang einer neuenEutwickelnng, sondern an anderer Stelle schon zu ihrem Endpunktegelangt sei, ehe sie in Deutschland wirklichen Boden faßte.

Woher aber kam dieseshistorische Genre"? Es ist nicht neu.Die Italiener hatten es bereits; Vasari malte Schtachtenbilder inder redlichen Absicht, wahr zu sein. Es kommt wieder, besondersin den Schlachtenbildern des Ban Lvo, den Gemälden Lebruns,hier freilich verquickt mit allcrhaud Allegorischem, iu den großenDarstellungen feierlicher Hofhandlungen mir großen Reihen vonBildnissen, wie sie das 18. Jahrhuudert liebte. Das hatte schonPaolo Veronese gegeben und nach ihm Tiepolo bis au die Schwelleder neuen Kunst Heraugetragen. Aber die Fähigkeit, Erscheiuungendes Tages in ein ernstes, feierlich wirkendes Bild zu bringen, warso ziemlich vergessen. Nur im Kleinleben fühlte sich die Zeit dar-stellenswert, bis ein amerikanischer Quäker, Beujamin West,zweisellos einer der merkwürdigste« Künstler, den Gedanken wiederaufnahm. Der Tod des General Wolfe iu der Schlacht bei Quebeck,1768 vou West in London gemalt, war das Geschichtsbild ans demer zuerst wieder unter lautem Jammer der Idealisten die als lächerlich