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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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VI. Die historische Schule.

verschrieenen Einzelheiten der vorschriftsmäßigen Soldatentrachteneinführte, ist eine entscheidende That gewesen! Noch heute kannsich das Bild, wenn auch nicht in der Farbe, so doch in Anordnungund Schärfe der Beobachtung neben den Werken der späteren Ge-schichtskunst halten. Ein zweiter Amerikaner, John Süigleton Cvpley,hat diese Art am besten fortgesetzt. Der Tod des Grafen vonChatam, Der Tod des Majors Pearsou sind 1780 und 1783gemalte Bilder, die auch die ästhetische Grundlage dieser Ge-schichtsmalerei geschickt darlegen! Es handelt sich überall um dieWahl >des entscheidenden Augenblicks, um die Fähigkeit, im Bildedie Aufmerksamkeit aus den Punkt zu lenken, wo dieser Augenblickdie vollendende Wirkung ausübt. Diese beiden in London znEhren gekommenen Amerikaner sind auch dort fast die einzigen,die den Mut hatten, realistisch die Geschichte darzustellen. Dashat seinen guten Grund! War doch auch der amerikanische Kriegder einzige, der wirklich die Völker tief beschäftigte, der die Leiden-schaften in Für und Wider erregte. Es ist daher auch kein Zufall,daß die Kunst deshistorischen Genre" zunächst nach Frankreich übersprang, sich hier dem Klassizismus entgegen stellte. In Davideinzelne Versuche: hart kämpfte uoch der Idealismus mit der That-fache, daß die Mitlebenden nach Darstellung ihrer selbst, nicht uacheiner idealen Umschreibung ihrer Person verlangten. Der erste Anstoßgegen den Idealismus vollzog sich daher aus dem Gebiete der eigenenGeschichte: das Schlachtenbild; wie es die napoleonischen Kriege ge-bieterisch forderten, mußte realistisch sein. Die Thaten des fran-zösischen Heeres waren zu groß, die Begeisterung für das Mit-erlebte zu gewaltig, als daß man die Thatsache hinter Sinnbilderngriechischer Gewandungen, unrichtiger Gruppierung hätte versteckendürfen. Schon Davids Krönung der Kaiserin Joscfine, mehr nochGros' und Vernets umfangreiche Darstellungen aus dem Kriegs-lebeu des Kaisers nehmen die Aureguug der Amerikaner auf, ohneselbst iu der Farbe wesentlich neues zu bieten. Es ist die fran-zösische Geschichtsmalerei so wenig von großer allgemeiner Bedeu-tuug gewesen wie die englische, solange es sich bloß um stofflicheFragen handelte. Der Inhalt erregte auch hier nicht die Gemüter,sondern eigentlich künstlerische Angelegenheiten: die Farbe und der