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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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Deutsche in Frankreich .

Die Schule Langers.

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Schlachten begannen auf Deutschland einzuwirken, die deutschen Künstler zogen statt an den Tiber an die Seine . Sie hatten essatt, nur bei den großen Toten zu lernen, sie wendeten sich an dieLebendigen.

Pou uun an beginnt Paris und seine Zweiganstalt Antwerpen ,denn wesentlich mehr war sie nicht, die deutsche Kuust aufzusaiigeu.Nicht wenige in Deutschland Geborene wurden Franzosen . DerMaler hat es ja besser als der Dichter, er spricht eine allen ver-ständliche, internationale Sprache, solange es sich nicht darumhandelt, sehr Tiefes zu sagen. Heine und Börne gelang es nicht,französische Schriftsteller zn werden, so sehr sie es bedauerten, nichtzweien oder mehr Völkern zugleich sprachlich dienen zu können.Aber Maler, wie die Brüder Lehmann oder FerdinandHeilbutt), gleich Heine Hamburger und dem Heinischen Kreis inParis nahe stehend, brachten es fertig französische Künstler zuwerden. Als 1870 die Deutschen aus Frankreich ausgewiesenwurden, ward Henry Lehmann, als Mitglied des Instituts undLehrer der Kunstschule, 0on dieser Maßregel nicht betroffen; Heil-butt) giug nach England, um so schnell als möglich nach Paris heimzukehren. Rudolf Lehmann, Heinrichs Brnder, der abwechselndin Paris, Rom und London lebte, ist gleich ihm einer jenerüberall gern Gesehenen, aber Heimatlosen, wie sie der HeinischeGeist vor 1870 erzeugte. Die deutsche Art jener Zeit hatte keinenReiz für sie; sie lebten das deutsche Leben nicht mit; sahen nnr dieSchwäche, das politische Elend, die mangelnde Anmut und eine Ge-dankentiefe, die ihnen eher tölpelhaft als bewunderungswürdig erschien.

Die vornehme Welt in Deutschland , die ihre Sitten und An-züge, ihr Hausgerät und ihre Gedanken, seien sie nun aristokratischoder liberal, von Paris bezog, schätzte auch die von dort kommen-den Maler vor allen. Daß sie die deutschen Bildnisse nichtmochte, ist ihr nicht Wohl zu verargen. Denn der Idealismuslehrte, daß der Maler nicht etwa die Natur nachahme», sondernein Höheres geben sollte. Nicht die Melodie eines schönenFrauenkopfes, sondern eine aus dieser geschaffene Symphoniewollte die herrschende deutsche Knnst hervorbringen. Da warenfast nur die vom Idealismus uicht Berührten tauglich, etwas

Gurliit, 18. Jahrh. 22