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VI. Die historische Schule.
Treffendes, Sachliches, Echtes zu liefern. Es ist kein Zufall,daß der gefeiertste deutsche Vildnismaler der Zeit, der dann auchin Paris seinen Wohnsitz hatte, Franz Winterhalter , ein SchülerLangers war, des Schülers von Mengs, also ein Maler, dernoch vom Rokoko und seinen? Können zehrte. Sein Mitschüler warAugust Riedel, der in Rom als ein Stück Rokoko in seinergalanten Malweise bis in das Jahr 1883 hineinlebte, immerverliebt, immer von schonen Frauen umgeben, die er mit allenihm zur Verfügung steheuden Reizen der Farbe darzustellen strebte.Er war doch noch ein Maler: einer, der durch die Farbe redeuwollte: dazu ein Mann, der längst nichts mehr von Deutschland und sciuer hohen Kunst wissen wollte, sondern im Völkergemisch vonRom allein sich zu Hause fühlte. Andere Schüler Laugers entwickelte«sich ähnlich. So Paul Emil Jacobs , der schöne Orientalinnenin Darstellung des alten Testaments malte, in Gotha ein künst-lerisch einsames Leben führte, in Deutschland als Realist bespöttelt,in England hoher Auszeichnungen gewürdigt. Einem dritten Schnl-genossen, Josef Karl Stüber, vertraute Köuig Ludwig I. dieHerstellung seiner Schönheitsgalerie, einer Reihe von Frauenbild-nissen an, bei der es ihm nicht aus die hohe Knnst, sondern aufdie Wahrheit ankam. Denn die schönen Frauen der deutschenHöfe hatten herzlich wenig Lust, sich durch Abstrahieren von realerWirklichkeit zu einer idealen Bedeutung erheben zu lassen; und denbösen Männern waren die schönen Weiber lieber als die idealen;ja sie machten sich Wohl gar lustig über das, was nach anerkanntemUrteil der Wissenschaft das Höchste in der Bildniskuust war. InBerlin nahm Eduard Magnus eine ähnliche Stellung ein; inWien Franz Amerling, Franz Schrotzberg , Kriehuberund andere. Die vom Kongreß her dort gepflegte Bildniskuust —Lawrence hatte ja in Wien gearbeitet — wurde durch die Zeit derKartonherrschaft hindurch aufrecht erhalten in einem von der deutschenEntwickelung gesonderten und daher auch von der deutschen Kunst-geschichte wenig beachteten Fortleben des malerischen Könnens. Rom war für viele dieser Künstler ein beliebter Markt. Was Wunder,daß sich die dort eintreffenden Idealisten über sie empörten. Noch1860 schrieb Friedrich Preller , die Photographie sei diesen Kunst-