Das moderne Kunstideal. —
Der französische Realismus.
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hat den Krieg von 1370 nur in spärlichen Resten überlebt. DieZeit des lustigen Kaiserreiches, der Sucht, das Volk mit Spielenund Brot zu kirren, hatte für diese ernsteren, schlichteren Leute,für einen Bauer, der Banern malte, wie Millet in Barbizon , keinenRaum gehabt. Die Republik hob sie auf ihr Schild. Die volks-freundliche, selbst die socialistische Malerei wurde iu den Salonsgeduldet, gefeiert. Courbet mit seiner derben Kraft, Bastien Lepage mit seiner nervösen Feinempfindnng für das Licht und seine Spiele,die Leute der unmittelbaren Wahrheit, derjenigen, die sich nicht mitder Darstellung der Dinge begnügten, sondern den Eindruck gebenwollten, den diese unter bestimmten Umständen, am liebsten im vollenLicht oder im Nebel machten. Was Flaubert, die Goncourts undvor allem Zola in der Dichtung erstrebten, war in der Malereischon da. Man lese Zolas L'Oeuvre man beschaue sich seinen ClandeLautier: Ist ein Bündel Rüben, ruft dieser aus, unmittelbar und einfachnach der Natur hingemalt nicht mehr wert, als all die Pinseleien derAkademiker, all diese mit einer gewissen Brühe von Chic nach be-kannten Kochregeln zurechtgemachten Herrlichkeiten? Der Tag kommt,da eine einzige selbständig gemalte Rübe einen Umsturz in derKunst hervorrufen kann. O diese Fabrikanten von Psennigsbildern,die ihren Ruhm gestohlen haben! Tröpfe und Speichellecker, dieder Narrheit der Welt nm den Bart gehen. Nicht ein Mutiger,der dem großen Haufen ins Gesicht lacht. Nur zwei giebt's:Delacroix und Courbet , alle 'anderen sind Stümper. Der alteromantische Löwe, welch ein Maler! Der hätte die Mauern vonganz Paris bemalt, wenn man sie ihm überlassen hätte; auf seinerPalette kochte es und schünmte es über. Der andere aber, das ist derrechte Maler des Jahrhunderts. Die Dummköpfe schreien überRealismus, EntHeiligung der Kunst! Und doch war der Realismusnur im Gegenstand, während die Auffassung die der Alten, dieMache die der Meisterwerke unserer Bildersammlungen blieb.
Jetzt brauchen wir etwas anderes! Die schwarze Malereiriecht nach der Werkstätte, in die nie die Sonne hineinschien. Wirwollen die Sonne, das Licht, die freie Luft, eine klare kecke Malerei,welche die Dinge darstellt, wie sie im Lichte stehen; wir wollenmalen, was unsere Augen sehen nnd erfassen. Alles sehen und
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