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VII, Das Streben nach Wahrheit.
Geistesblitz eingegebene Form, Gedanken durch die Kunst darzustellen,ohne alle Spintisiererei, ohne ihr wissenschaftliche Gewalt anzuthun.Volkswirtschaftliche Aufsätze des Königs, philosophische Schriftenwußte er ebenso gut mit Bilderreiheu zu versehen, wie dessen Kriegs-berichte. Nie erschlaffte das sichere Gefühl für das Darstellbare,für das künstlerisch Verständliche.
Beim Vertiefen in die Knnst des 18. Jahrhunderts lernte Menzelmalen: Seine Bilder sind vom ersten Tage echt farbig, nicht inFarbe gesetzte Zeichnungen; er sah Form und Farbe vereint undstellte sie vereint dar; er kam nie in die Zweifel der Cornelianerüber die Grenzen zwischen beiden Mitteln der Kunst, denn sein un-befangener Sinn sah sie auch in der Natur nicht getrennt. Auchdie geschichtliche Darstellung stand ihm stets als ein Gegenwärtigesvor Augen.
Das, was ihn aber vor allem von seinen Genossen unterschied,war der Blick für die Schönheit selbst in dem geistig nicht An-regenden. Schon in einem Bilde von 1846 stellte er ein paarBäume eines Parkes, im Hintergrund ein gelbes, mehrstöckigesZinshaus, auf dem Boden schlafende Arbeiter dar — anscheinendeinen Blick zum Fenster hinauswerfend, aber von hoch oben: ichmöchte fast auf den vierten Stock schließen. Das Bild würde, auseine Ausstellung von Werken moderner Impressionisten geschickt,in der Haltung keineswegs ausfallen. Es ist da jener Ton,den man später in Paris plein g,ir nannte, gemalt in Berlin , zneiner Zeit, als der Erfinder dieses Tones, Ednard Manet, 13 Jahrealt war und Claude Monet noch nicht geboren war. Er ist alsonicht beeinflußt von Paris und doch so modern, so ganz und garaus unserer jüngsten Zeit. Es ist ein Gegenstand von solcher Ein-fachheit, daß man nnr glauben kann, das Schlichte sei mit Absichtgesucht, oder gerade der Mangel an landläufiger Schönheit habeden Anreiz zum Malen gegeben.
Das Bildchen blieb Jahrzehnte in Menzels Werkstätte Hüngen.Es war also nicht gemalt, um die Kritiker zu ärgern, sondern umden Künstler selbst über malerische Werte in Klarheit zu bringen.An ihm kann mau seheu, welch ein Riese der kleine Maler mitdem großen Kopfe ist, welche ungeheure Kraft der ganz sorg-