Die Hollandmaler. — Uhde.
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Kunst der Adel des Alters nicht fehle, den jeder geschichtlich Ge-bildete so hoch schätzt. Aber mit dem Wachsen des Selbständigen sank sie in die zweite Reihe zurück.
Fritz von Uhde hat einen ähnlichen Entwickelungsgang genom-men wie Liebermann, diesem folgend über Makart zu Munkaczy, BastienLepage , Israels. Von jeder Stufe giebt es Bilder, aus denen sichzeigt, daß er sich's ehrlich saner werden ließ, das Handwerk zu er-lernen. Man muß darau erinnern, da man ihm später vorwarf,er sei ein Dilettant, der nichts Rechtes gelernt habe. Mir scheintLiebermann als Maler feiner, Uhde reicher im Erfassen der Natur.Bei ihm ging, wie gesagt, Bastien Lepage in der Entwickelungdem Israels voraus. Auch Uhde kam über Paris in die Niederlande .Das beweisen seine Bilder. Das erste unter ihnen, das ich sah,war seine Trommler-Übnng. Es befand sich 1883 in einer Dresdener Kunstansstellung. So wenig, wie ich, hatten die Dresdner je so einHelles, blaues Diug geseheu. Man schimpfte weidlich, um so mehr,als es ein Heimischer war, dem man ja am liebsten eins am Zeugeflickt. Das Bild ging mir lang im Kopfe herum, ich fuchte denSchlüssel dazu. Dresden ist ungeeignet hierfür, da ihm die feuchteLuft fehlt. Es war dazu im Dezember, das Bild stellte die Sonnen-hitze dar. Aber ich fand doch alte Naturermhrungen genug zu-sammen, um mit Überraschung zu erkennen, daß hier für die Knnstein neues Licht aufgesteckt werde. Soviel ich mich erinnere, war dasBild das erste, das ich öffentlich besprach. Mich trieb es, meinean dem Bilde gemachte Entdeckung den anderen mitzuteilen, dieErweiterung des Sehkreises auch ihnen zugänglich zu machen; denndamals glaubte ich noch, die Welt wolle in künstlerischen Dingensortschreiteu, und wußte uicht, daß sie ebeu beharren will. Uhdedankte mir brieflich für meine „schneidigen" Worte, die ich als der erstein Deutschland gefunden habe zur Anerkennung seiner Richtung. Denndiese habe so gut ihre Berechtigung wie eine andere, sofern sie nurmit Überzeugung und von nicht ganz Unberufenen vertreten werde.Damals hatte ich keine Ahnung von dem, was in Paris gemaltwurde, hatte Millets oder Bastien Lepages Namen wohl kaum ge-hört, war seit 1871 uicht in Frankreich gewesen, und hatte damalsanderes zu thun gehabt, als Bilder anzusehen. Zu mir sprach das