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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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Uinhülller Realismus. G, Max.

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eigentlich künstlerisch ist, stammt aus unserer Wahrheit. Es stecktwohl ein wenig Sittenbild darin, es ist ein Zng religiösen Genresdamit verknüpft. Der tote Christus liegt in einem Zimmer der Luther-zeit, um ihn trauernd, nm die Leiche bemüht, Menschen aus unseremJahrhundert in deu Kleidern jener: Eine wunderliche Vermischungder Gedanken, ein wunderlicher Trost sür uusere Zeit, daß sie sichzwar die Umgebung Christi aus sich selbst heraus vorzustellen ver-mag, doch nur im Gewände einer anderen. Es ist das Zagen vordem Bruch mit der Überlieferung, die Fnrcht vor dem Kamps mitdem Idealismus, die Unfreiheit im Wollen der Sache selbst. Das,was Gebhardt über viele erhebt, ist aber die Tiefe seiner Wahr-heitsliebe. Er hat öfter seine Studien ausgestellt. Hier lerntman ihn lieben und verehreu. Er ist es, der in seiner Weisedas Christentum als das Evangelium der Armen nahm, nicht alsdas der schönen Leute. Er sucht nach den Köpfen, nach denMenschen, denen das Christentum eiue Pflicht der Liebe und einTrost in Leiden war, und er findet dort nicht die idealen Gestalten,die der Zufälligkeiten Entbehrenden. Arbeit und Not verschönenden Menscheil nicht, Fleiß und Geduld ziehen ihre Falten in dieGesichter, der innerliche Kampf und fein Sieg, die innerliche Nnhcsprechen sich im Knochenban des Kopfes, das Schaffen wie dasBeten in der Gestaltung des Körpers aus. Die schöne Seele inschönem Körper ist griechisch; die fromme Seele in durcharbeitetemKörper ist christlich und deutsch . In Gebhardts Bildern ist trotzallen sonderbaren Verklausulierungen im äußeren Erscheinen einetiefe Ehrfurcht vor dem Wirken des Christentums, vor der inner-lichen Erlösung, die es dem unter der Last des Lebens Gebeugten bot.

Vielfach hat sich Gabriel Max mit den Ausgaben christlicherMalerei beschäftigt. Als Maler hat er sich stets zu den Realistengehalten, selbst in den Tagen, da seine Genossen in der Piloty-schnle jungem Realismus scharf entgegentraten. Man soll dieKünstler nach ihren starken, nicht nach ihren schwachen Seiten be-trachten. Die so beliebten hübschen Mädchenköpse, mit denen Maxden Knnstmarkt versieht, gehören nicht zn seinen ernsten Schöpfungen,mögen sie noch so feierliche Namen tragen. Er suchte sich mehr-fach in seiner Weise die Wunder zurecht zn legen, sie erklärend zu