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VII. Das Streben nach Wahrheit.
verstehen. Wolfgang Kirchbach hat ganz recht, wenn er ihn vonspiritistischen, somnambulen und hypnotischen Theorien berührt dar-stellt, wenn er in seinen Bildern Christus als eine Art Heilmagnetiseurerkennen läßt. Als die Hypnose von Hansen seit 1876 in denTingeltangels zuerst für Geld gezeigt werde, erklärte sie der gesundeMenschenverstand einfach für Schwindel. Jetzt führt man sie aufgewisse körperliche Zustände zurück, die die Erweckung einer Vor-stellung durch eine andere bei gewissen Menschen erleichtern unddiesen dem Willen eines anderen unterthünig machen. Man hateingesehen, daß kein Schwindeleien, sondern Thatsachen hier imSpiele sind, und daß diese wieder auf anderen Thatsachen beruhen.Man hat uun diesen gelehrten Namen gegeben und das Ganzeals wissenschaftliches Gesetz bezeichnet. Klüger geworden über dasWesen der Hypnose ist man meines Wissen dadurch nicht. Aberder Maler sah sie wirksam uud erkannte die Erscheinung der Men-schen unter der Wirkung des neuen Wunders, eines Wunders mehr,das nicht dadurch aufhört eines zu sein, weil man seine Wirkungenin Rubriken gebracht hat. Max suchte die vor seinen Augen sichabspielende Form der Wunder für die der christlichen Urzeit zuverwerten. Darin ist ein Rest Rationalismus, und damit eineBrücke ins Verständnis selbst der diesem feindlichen Theologen.Denn trotz alles Sträubens sind sie ihn noch nicht ganz los. DieMutter Gottes wurde bei Max mehr und mehr eine bleichsüchtigesomnambul angelegte Frau, schildert Kirchbach Maxens Kunst, dieeineu nervösen Sohn zur Welt gebracht hat. Denn das Haar desTote erweckenden Jesus ist ganz dünnfaserig geworden, alle Wnnder-kräfte scheinen in die Handnervcn Jesu übergegangen zu sein; ererhält ganz das Gepräge unserer Hypnotiseure, die sich durch dieperipherischen Nervenausregungen ihrer Heilmethoden künstlich dasNervensystem schwächen. Der Ausdruck der Madouuenangen wirdrätselhafter, die Pupillcu erweitern sich wie bei Kurzsichtigen, ausden heiligen Figuren ist ein Geschlecht von wundersamen Hysterikernund Mondsüchtigen geworden, während sie bei Michelangelo undRnbens noch von derbester Gesundheit strotzen.
Nein künstlerisch, fährt Kirchbach fort, ist sicher außerordentlichviel Eigenartiges entstanden. Ein Versuch eiues geistreichen Mannes,