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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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561
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Helferichs Bedenken.Uhde im französischen Urteil.Kritische Ablehnung. Zßl

Vaterlande; was er sagt, hat vollen germanischen Laut; und wem:er was aus Frankreich entnommen hat, so nicht mehr als dieFranzosen der dreißiger Jahre von den Engländern nnd Holländern.O. I. Bierbanm führt noch mehr französische Urteile ans. AmedeePigeon sagt: Uhde hat keinen Geistesvorgänger nnter den Fran-zosen: Es ist der alte deutsche Traum, der erhabene Traum einesDürer und eines Bach, der sein Herz erfüllt. Ohne Zweifel hatihm anch Rembrandt Träume eingegeben, aber es ist keine Nach-ahmung, es ist ein Meisterwerk. Louis Gouse sagt: Uhde ist der größtedeutsche Maler, wohlverstanden! nach Menzel; aber Menzel gehörtder Vergangenheit an nnd Uhde stellt die Znkunft dar. Und nichtnur das Deutsche, sondern anch das Unkatholische sehen die Fran-zosen deutlicher als wir. Es kommen, sagt einer von diesen, dieBilder aus dem Land der Volkharden, aus einer Schule, in derman ebenso die Natnr selbst beobachtete, wie man die Bibelselbst las.

Immer erbitterter wurden die Angriffe ans den Künstler, alser, in seiner Bahn ruhig fortschreitend, die wichtigsten Vorwürfe derheiligen Geschichte im Geiste unserer Zeit darzustellen wagte. Dennein Wagnis ist es nach jeder Seite, ein solches, das nur ein sehrfrecher oder ein von der Kraft seines Ernstes ticfüberzeugter Mannuutcruehmeu kann. Mein Brnder Fritz Gurlitt , der UhdesBedeutung sosort erkannte, bat mich 1887, über Uhde etwaszu schreiben. Glaub' mir, sagte er, er hat's uötig, bei so vielemÄrger! Mir stand nur die Leipziger Zeituug zur Verfügung,ein gutes Blatt, doch wenig von Kunstfreunden geleseu. Uhdeantwortete: der Aussatz habe ihm wieder Mut geinacht, so daß ermit um so mehr Eifer uud Freude an feiner Heiligen Nachtarbeiten könne, der die ehrenden Worte zu gute kommen würden.Mich soll's freuen, Anteil an dem Werke zu habeu, wenn auchbescheidenen, denn es scheint mir eine der vornehmsten Offen-barungen von Uhdes malerischem Sinn. Wer einmal mit wirklichsehenden Augen durch das Halbdunkel dieses Bildes gcwaudertist, der hat aus ihm eine wunderbare Klarheit mit heimgenommen,wenn ihm vielleicht auch die Thränen eine Zeitlang das Sehen er-schwerten. Hier mehr als sonst in einem anderen Bild ist die

Gurlitt, lg. Jahrh. 36