Marees.
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Der alte deutsche Zug nach Rom ! Die neue römische Kunstlockte sie nicht. Was Fortuny und die ihm folgenden Spanier,was die Frauzosen und endlich die Italiener selbst dort schufeu,war ihnen gleichgiltig. Sie suchten etwas anderes: Man kannwohl sagen, jeder ernste deutsche Künstler, der sich in Rom heimischsuhlt, sucht nach einem Gesetz seiner Kunst, strebt über die Schulung,die ihm Auge und Hand geben können, hinaus zu einer Erklärungder Form aus allgemeinen Grundsätzen.
So Hans von Marees . Man sucht ihn vergeblich in denälteren Handbüchern der deutschen Kunstgeschichte. Unter 1600 Namennennt ihn noch 1876 der Münchener Professor Fr. Reber nicht,so wenig wie 1889, zwei Jahre nach des Künstlers Tode, A. Nosen-berg. Zwei Bücher, die über ihn geschrieben worden sind, vonseinem Freunde Konrad Fiedler und von seinem Schüler v. Pidoll,kamen nicht in den Buchhandel. Und doch ist Marees in München viel genannt worden, wo er zu Ende der fünfziger und Anfangder sechziger Jahre lebte. Mau erwartete Großes von ihm. Dochwar er schon damals vielen ein wenig bequemer Geselle. EinMensch mit eigenem Urteil ist dies nie. Er war dabei, wo lustigeund witzige Köpfe zusammeustakeu, nnd war in den Ateliersgerne gesehen, wenn es Rat zu erteilen oder eine Sache herzhaftanzupacken galt. Dann ging er nach Rom , der Stadt der großenEindrücke und der aufdringlichen Kunstfreunde. Er schloß sich ab,so daß man ihn in Deutschland vergaß. Nur einmal kamenseine Werke nach Deutschland , als sie ihm mein verstorbener Bruder,der Kunsthändler Fritz Gurlitt , mit Mühe zu einer Ausstellungabrang. In seineni unverbesserlichen Hoffen auf den Erfolg desErnsten, Guten hatte dieser zum mindesten auf Anerkennung vonMarees leidenschaftlichem Streben gehofft. Die Bilder sind inBerlin im großen ganzen nicht gelobt und nicht getadelt worden.Denn man hat sie sich gar nicht angesehen. Selbst jene, die vorihnen standen, gaben sich nicht die Mühe, sie zu betrachten. DieMeisten, die sie ansahen, schüttelten den Kopf: Weder waren siegeistreich, noch von blendendem Kolorit, noch gut gezeichnet, nochrichtig komponiert — kurz, sie hatten alle Vorzüge, die man voneinem guten Bilde forderte, so wenig, wie Carstens Arbeiten einst