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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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580
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VIII. Die Kunst aus Eigenem

die Größe der Alten aufnehmen. Schack traute ihm dies nichtzn, er wollte ihn am Anmutigen festhalten. Aber Feucrbachsetzte trotz feiner sorgenvollen äußeren Lage die Kunst übersein Wohl, brach iu klarer Absicht mit dem schulmeisterndenGrafen und schuf von nun au Werke größten Stiles, klassischenInhalts, iu denen er mit höchster Einfachheit der Farbe seinemFormempfinden Geniige that. Auch er ging immer mehr daraufa»5, Herr der Natur zu werden, dnrch immer erneutes Zeichnensich die Gestalten einzuprägen und nun aus diesem Wissen herausfrei zu gestalten. Aber er bednrfte der schwersten Anstrengung, umdie Schule los zu werden. Die Klagen über diesen Kampf klingenzwischen die stolzen Selbstermahnungen zum Streben nach demHöchsten durch seine schriftlichen Aufzeichnungen rührend hindurch.

Sein Gastmahl des Plato ist ein Bild, das sich danernd wirdsehen lassen können. Ich bin oft vor ihm an Angelica Kauffmanuerinnert worden. Der Ton ist verwandt; nur ist es ein Mann,der ihn handhabt. Die Zeichnung weift nicht minder auf ältereKunst. Sie ist von sonderbarer Kraft, wenngleich das Bild denGrundzug des Reliefs in einer Weife hat, die an die alten Deutsch -Römer mahnt. Die Hauptgestalten sind mit lebhaftem Gefühl fürUmrißlinien hingestellt. Es ist das Bild nicht das Werk einesvöllig Freien, aber eines, der sich in hartem Ringen den Gebranchseiner Glieder erkämpfte: Feuerbachs Gestalten haben die großenBewegungen von Leuten, die Herr ihrer selbst geworden sind.

Der grundsätzliche Unterschied zwischen den älteren BildernFeuerbachs und dem, was sonst sür die Kunstvereine gemalt wurde,ist uicht so groß, daß man sich leicht zu erklären vermag, warumFeuerbach zuerst so völlig auf Gleichgültigkeit, später aber auf soheftige Feindschaft bei der Kritik und der Menge stieß. Es ist derHauch der geistigen Selbständigkeit, der von seinen Bildern beleidigendjene umwehte, die in der Unterordnung unter den allgemeinen Ge-schmack die Aufgabe des Künstlers sahen. Jene Eindrücke sinddie lebhaftesten, durch die das Fremde erkannt wird, das demGedächtnisbilde Widersprechende. Wir urteilen daher schärferin Ablehnung als im Einverständnis. Die Kunstfreunde fühltenin Fenerbach einen Umbildner ihres Geschmackes. Sie fanden dies