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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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Feuerbach. Feuerbachs Stil.

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sein, in einem Vorgang ein Leben darstellen, vor- und rückwärtsdenten, in und auf sich selbst beruhen für alle Ewigkeit.

In Selbstspott sagt er von sich, er sei zu einfach in seinerKuust gewesen. Das sprach er damals aus, als Malart aus derWiener Weltausstellung in den Augen der Menge den Sieg über ihndavontrug. Daran sei die fortwährende Stilübung schuld, die Ab-sicht, das Unwesentliche wegzulassen; dann die Einsamkeit in Italien ,wo nur Meer und Himmel glänzen und die Seidenwebereienin zweiter Linie stehen; endlich seien die Gegenstünde seiner Bilderselbst zn einfach, da ihm die menschliche Form wichtiger sei als diebesten Schneiderkünste.

Keine Eigentümlichkeit hat Feuerbach in den Augen der Zeit-genossen mehr geschadet als der kreidige Ton seiner Bilder. Anchhier Abstraktion. Er zwingt sich zum Maßhalten in der Farbe, zuder Stille des Fresko. Er sieht, daß die Welt nicht jene Farbehabe, die ihr die Pilotyschule andichtet, und die man trotz ihrerSchwere, ihres speckigen Glanzes sür schön und wahr zu nehmen sichgewöhnt hatte. Er kommt der Menge nicht entgegen, er beharrtbei dem, wie sich ihm die Kunst von Künstelei freier offenbart.Er ist ein Hellmaler in seiner Weise, vielleicht weniger beeinflußtdurch die unmittelbare Erkenntnis des Weiß im Licht als durchdie bei den alten Meistern beobachteten Töne. Er suchte nachknapperem Ausdruck in der Farbe für die großen Aufgaben, dieer sich stellte, und zwar zu einer Zeit, da gerade das Gegenteildas Ziel der Münchener war. Als sein Gastmahl des Plato 1869dorthin zur Ausstellung kam, sah es aus, um Pechts Worte zu ge-brauchen, wie ein Stück Eismeer in einem Parfümerieladen. SelbstFeuerbachs Freunde ließen die Köpfe hängen. Jetzt ist die Par-fümerie verduftet und das Eismeer in seiner Größe anerkannt.

Graf Schack erzählt, wie Feuerbach in seinem Kunsturteil allezeitgenössische Kunst, Schwind fast allein ausgenommen, ablehnte.Er hatte das starke Gefühl, das Neue zu wollen und zu schaffen.Und gerade im Gastmahl und der etwa gleichzeitig entstandeneuAmazoueuschlacht suchte er sich endlich dieses Neue abzupressen.Das, was Schack von ihm erwarb, war im Sinn der Historien-malerei der Zeit gedacht; jetzt wollte Feuerbach aus eigener Kraft

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