Ich saß einmal am Meer bei Saßnitz und sah die Sonne an,die auf dem sanften stillen Wasser spielte und das wunderbareLichtspiel, das der weiße Kreidegrund hier giebt. Ein BerlinerEhepaar, ein Archäologe und seine sehr gebildete Fran, fragten mich,was da zu sehen wäre. Ich zeigte ihnen, was ich da seit eiuerStunde Schönes bemerkt habe: ein wunderbares Flimmern von Farbeim Grunde der Flut um Stein und Tang. Sie aber erklärtenmir, daß sie sich nur darüber wuudern können, wie ein Mann vonGeschmack — ich errötete — sich in solche sinnlose Lichtspiele ver-tiefen könne. Ich fagte, ich möchte Hofmann schreiben, er solle daseinmal malen, es sei ein glänzendes Schmuckmotiv, eine Fundgrubefarbigen Reizes. Da kam ich schön an. So was kann mannicht malen, das ist geschmacklos! Ich war froh, daß mir derabwesende Hofmann einen Teil der Vorwürfe über meine Barbareiabnahm — denn ich mußte noch auf dem ganzen Wege bis Stubben-kammer den ästhetischen Groll über mich ergehen lassen.
Es ist eine neue Art dekorativer Malerei aufgekommen undhat viel Gutes erzeugt. Bilder, die nicht sachlich Klares, sondernsachlich Verschleiertes in leuchtenden Tönen geben; Bilder, in dieman sich hineinträumen kann. Vielfach hat der Symbolismus sichihrer bemächtigt, auch der Mystizismus sich hineingemengt. Ichbin kein Mystiker und verstehe wenig vom Lesen der Symbole. Esist mir lieb, wenn die Dinge, die mich umgeben, mir leidlich klarsind; und ich habe den Eindruck, als wenn sehr viele, die in Mysti-zismus machen, an ihre Unklarheit selbst nicht glauben.
Mir ist aber das Dumpfe, Unaufgeklärte in der Kunst undim Leben herzlich willkommen. Es ist ja gut, daß wir nicht alle dasGleiche in der Welt sehen uud daß eiu Kind einen glänzenden grauenMann erkennt, wo wir zwischen dunklen Bäumen den Nebel vomMondschein erhellt seheu. Wer hat noch nicht Gespenster gesehen,wem hat sich die Welt noch nicht mit Fratzen gefüllt? Ich sehesie an jeder blumigen Tapete und habe mir oft den Spaß gemacht,dnrch ein paar Bleististstriche sie auch anderen vollends deutlich zumacheu. Sie sind da und sind nicht da, wie man eben hinsieht.Mit leidlich guten Sinnen ausgestattet, finde ich meine Gespensteram Tage häusiger als in der Nacht; in den Wolken sehe ich sie: