Das Plakat,
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hang mit der tiefen Färbung des Ornaments. Die Butzenscheibenwaren keine Spielerei, sie waren die notwendige Folge eines Schön-heitsempfindens, das im gebrochenen Lichte schwelgte. Die Malereider Naturalisten brachte die hellen Töne wieder zu Ehren, diebisher ängstlich vermieden worden waren. Die Wände wurdenwieder weiß. Ich selbst habe sie mir so streichen lassen, obgleichich früher in allen Tonarten gegen die Farblosigkeit und für dieEinheit in Braun geschrieben und gesprochen habe. Die Neue Kunstbrachte einen Idealismus der Farbe, der im hoheu Grade entwickeltder eigentliche Feind des Realismus wurde. Es ist die Böcklin-stimmung, die zum Durchbruch kommt. Und daher strich ich denFußboden und schon 1885 Tische, Schränke und Stühle meinesZimmers in Böcklinschem Blau. Mir ist diese Böcklinstimmuugin ihrer dekorativen Bedeutung zuerst durch Ludwig von Hofmann klar geworden. Ich weiß nicht, inwiefern er ihr Anreger ist, in-wiefern er auf andere zurückgreift. Jedenfalls aber hat auf ihn dieKunst der Plakate gewirkt.
Das ist etwas, was in den Augen der älteren Kritik soziemlich der schlimmste Vorwurf ist, den man Hofmann machenkann. Denn das Plakat soll Aussehen erregen, soll laut in dieMenge hinausschreien; muß daher Form uud Farbe übertreiben;muß mit dem Geschmack der Massen rechnen. Heute ertragen dieKünstler deu Vorwnrf solches zu erstrebeu mit größter Ruhe. Deuudas Entwerfen von Plakaten ist zu einen: Kunstzweig geworden, durchden man Ruhm erwerben kam?.
Nach 1893 sagte ein englischer Kenner, es müsse als ein kind-liches Unternehmen gelten, englische Plakate zu sammeln. Das istzwar übertrieben, denn schon hatte der Seifensieder Pears durchMillais sich jenen Seifenblasen machenden Juugen malen lassen,der in Farbendruck hunderttausendfnch vervielfältigt in der ganzenWelt verbreitet war. Es fehlte hier wie in Deutschland uicht anVersuchen, die Farbe dazu zu verwerten, um auf die gedruckten An-zeigen die Aufmerksamkeit zu lenken. Aber es blieb zumeist bei einerNachahmung der Renaissance-Titelblätter für Bücher, bei einerreichen Umrahmungsarchitektur, darein gestellten Figuren, bei einerNachahmung der Öl- oder Wasscrfarbeumalerei in Steindruck. Seit-