Drittes
Kapitel.
Pathologische Anatomie.
Die ersten Versuche auf dem Gebiete der pathologischenAnatomie, namentlich in Deutschland , waren recht schüchtern; manhatte sich bis dahin eigentlich nur damit begnügt, die bei den ein-zelnen Sektionen gefundenen Monstrositäten aufzuheben und zu be-schreiben (Teratologie). Die Folge war, daß sich eine Menge der-artiger Mißbildungen in den einzelnen Instituten anhäufte!?, die manwohl mitunter anstaunte, die aber sür die Fortentwicklung derWissenschaft bedeutungslos waren, weil man sie nicht erklären konnte.Erst als Bichat, dessen wir schon früher gedachten, selbständigpathologisch arbeitete und die bei den Leichenöffnungen gefundenenVeränderungen mit den Symptomen, welche die Krankheit währenddes Lebens geboten hatte, in Einklang zu setzen versuchte, erst dannkonnte von einer pathologischen Anatomie im wahren Sinne desWortes geredet werden. Auch iu Deutschland wurde unabhängigvon Bichat das Bedürfnis nach einer exakten Durchforschung derLeiche erkannt, was sich schon daraus ergiebt, daß der große Hy-gieniker Peter Frank (1745—1821) der Wiener Fakultät die Er-richtung einer Pathologischen Prosektur empfahl, die durch Vetterbesetzt wurde, und ein pathologisch-anatomisches Museuni gründete.Alois Rudolf Vetter (1765—1806) war seinerseits wieder einSchüler des Wiener Klinikers Jakob von Reinlein (1744-1816»,dem er seine technischen Fertigkeiten verdankte. — Als Vetterseine Stellung am allgemeinen Wiener Krankenhaus übernahm,fand er vier Präparate vor, dereu Zahl er in sechs Jahren auf
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