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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
Entstehung
Seite
62
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IV DE RE UXORIA

Sitte, Alter, Herkunft, Gestalt und Mitgift der Frau. Dies sind auchdie Kapitelüberschriften des ersten Teils. Die Vernachlässigung auchnur eines dieser Punkte beschwöre Gefahren für die Ehe herauf, dieder Umsichtige beizeiten ins Auge fassen solle. Die Reihenfolge ent-spricht ganz dem strengen und vornehmen Charakter Francescos, derfordert, daß beim Suchen der Lebensgefährtin an erster Stelle ihre Sitte,und an letzter die Mitgift kommt. Im Schlußwort zum ersten Teilegreift er alle wesentlichen Triebkräfte noch einmal zusammen. Er nimmtseine Arbeit ernst, ja heilig und nennt sie divina studia humanitatis.Dies erinnert an das divinum iter, das Guarino seinem jungen Zöglingim ersten Brief vorgezeichnet hat. Deshalb sei nur ein sermo purusund eine gewichtige und gelehrte Rede (gravis oratio et erudita) würdig,Lorenzos Ohr zu erfüllen. Er hofft, daß er seinen Zweck erreicht hat,und schließt mit diesen Worten: «In menschenwürdiger Ermahnung derUnsrigen habe ich genug gesagt, daß sie die Vorfahren, deren virtusbeschrieben und verherrlicht ist, lieben, bewundern und ihnen nach-eifern ... soweit es die Heiligkeit unserer Religion zuläßt. Den Altenhöchsten Dank abzustatten werde ich unermüdlich mahnen. Richtenwir uns nicht selbst zugrunde, so werden wir durch ihr Wachen undArbeiten besser werden und eine besser unterwiesene Gattin gewinnenmit einer zierdevolleren Hochzeit.» Hochzeitsmahle in Venedig warenseit jeher sehr prächtig, und wir werden an Paolo Veronese mit seinemgroßen Gemälde der Hochzeit von Kana gemahnt, wenn wir die Aus-führungen Francescos über die Zurüstungen zur Festlichkeit lesen.Der zweite Teil handelt von den Pflichten der Frau. Diesen Titel könnteman ganz allgemein so ergänzen: um die Ehe vor Störungen zu bewahren,oder das gestörte Gleichgewicht wiederherzustellen. Darauf deutet gleichdas erste Kapitel von der Leichtigkeit des Nachgebens. Streng genom-men: der Mann befiehlt, die Frau gehorcht; aber bei näherem Zusehensieht man doch, daß die Frau auf ihre Weise ihre Überlegenheit wahrenkann. Drei Haupttugenden der Gattin kennt Francesco für einen lobens-würdigen Haushalt: Liebe zum Gatten, züchtiges Leben und fleißigeSorge für das Hauswesen, wonach sich auch die Einteilung des zweitenTeils der Schrift richtet. Im rechten Leben hat die Zuneigung zu seinenFreunden neben der ehelichen Liebe Bestand. An mehreren Stellen