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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
Entstehung
Seite
98
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KAPITEL V

FRANCESCO BARBARO ALS FREUND DER HUMANISTEN

Lorenzo de'Medici Ambrogio Traversari Leonardo Aretino Bruni NiccolöNiccoli Poggio Bracciolini Guarino Veronese Flavio Biondo Filelfo

Georgios Trapezuntios

MIT DEM WERK DE RE UXORIA HATTE SICH BARBARO FÜRdie Dauer seines Lebens und auch für die Nachwelt einen rühmlichenPlatz unter den Humanisten erworben. Es ist sein einziges geblieben, aberdamit warBarbaros Bedeutung für den Humanismus noch nicht erschöpft,denn wir können als ein noch wichtigeres, sowohl humanistisches alsauch politisches Werk seinen von ihm selbst gesammelten Briefwechsel 1ansprechen; er wird noch durch manche bedeutsame Stücke ergänzt,die in den Handschriften europäischer Bibliotheken verborgen und zer-streut lagen. Hatte Francesco in seiner Schrift über die Ehe um dieNormen seines nun beginnenden Lebens der Tat gerungen, vorzüglichnach der Seite des inneren Familienlebens hin, so steht in seinen Briefen,wie er sich in wechselvoller Stunde bewährte. Wenn man den Begriffdes Humanismus enger nur als Angelegenheit altertumskundiger Ge-lehrter nimmt, so würde sich dieser Briefwechsel damit nur zum kleinenTeile decken; ganz wird er erfaßt, wenn wir unter Humanismus eineneue Weltsicht und eine neue Lebenshaltung verstehen, die nach undnach alle Äußerungen des Menschendaseins ergreift. Zunächst betrachtenwir die im engeren Sinne humanistischen Beziehungen und Fragen:Welche Rolle spielte Barbaro unter den Altertumsgelehrten seiner Zeit,welches Ansehen und welche Aufgabe wuchs gerade ihm in ihren Wech-selbeziehungen zu? Sein Eintritt in den Humanistenkreis wird durchjenen bedeutenden Brief Guarinos aus Konstantinopel bezeichnet. DieBriefe Barzizzas, zum Beispiel der über das Winzerfest, fallen in Fran-cescos Studienzeit. Die frühesten der auf uns gekommenen Briefe schriebFrancesco als Vierundzwanzigjähriger nach der Rückkehr von seinerFlorentiner Reise an die dort erworbenen Freunde. Lorenzo, der BruderCosimos de'Medici , war ihm der vertrauteste. Er ist der Freund Fran-cescos, wie ihn sich junge Menschen als nächsten unter den gleichaltrigen